Der Lack ist ab

Ein unglaublicher Kunst-Frevel: Der „blaue Wittelsbacher“, der zweitgrößte blaue Diamant der Welt, zierte einst die bayerische Königskrone – jetzt ist er brutal umgeschliffen worden
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„König der Klunker“: der blaue Wittelsbacher
dpa „König der Klunker“: der blaue Wittelsbacher

MÜNCHEN - Ein unglaublicher Kunst-Frevel: Der „blaue Wittelsbacher“, der zweitgrößte blaue Diamant der Welt, zierte einst die bayerische Königskrone – jetzt ist er brutal umgeschliffen worden

Rudolf Biehler ist 77 Jahre alt und Juwelenhändler in München. Nicht irgendeiner. Seit 1692 ist seine Familie in dem glitzernden Geschäft tätig – der Mann kennt sich also aus. Umso heftiger ist daher seine Reaktion: „Das sind solche Idioten“, schimpft er am Telefon, „der historische Stein ist damit zerstört. Das ist barbarisch!“

Der barbarische Akt, über den sich der Edelstein-Experte so aufregt, dreht sich um den 35,5-karätigen „blauen Wittelsbacher“: Der zweitgrößte blaue Diamant der Welt. Und der teuerste. Er kam 1722 in den Besitz der Wittelsbacher und zierte von 1806 bis 1918 die bayerische Königskrone. Jetzt ist er unwiederbringlich zerstört.

Schuld daran ist der „König der Klunker“, wie man ihn nennt, der Londoner Juwelenhändler Laurence Graff. Im Dezember 2008 hatte er das Juwel zum Preis von 18,75 Millionen Euro bei Christie’s in London ersteigert. Und jetzt hat er ihn „sorgfältig und mit größter Achtung vor dem Original-Schliff“ umgearbeitet. Das Resultat: Der Klunker hat damit nicht nur 4,5 Karat eingebüßt. Seine kunstvolle Schliff aus dem 17. Jahrhundert ist für immer verloren.

Verloren war der historische Stein für Bayern allerdings schon viel früher. 1931 wollten ihn die damals klammen Wittelsbacher bei Christie’s versteigern lassen. Mangels Gebots wanderte die Pretiose aber wieder in den Safe des Wittelsbacher Ausgleichsfonds. Erst 1951 fand der Stein einen Käufer – danach verliert sich die Spur.

1961 taucht er beim Antwerpener Juwelenhändler Jozef Kornkommer kurz auf. Der bietet ihn den Wittelsbachern zum Rückkauf an. 1,5 Millionen Mark sollte er kosten. Ein Haufen Geld damals, weshalb Herzog Albrecht, Chef des Hauses Wittelsbach, ablehnte: zu teuer.

Stellt sich noch die Frage, warum der Freistaat den unversehrten Klunker 2008 nicht ersteigert hat? 18,75 Millionen Euro – das sind doch nun wirklich Peanuts. In Anbetracht des jüngsten 3,7-Milliarden-Debakels bei der Landesbank erst recht.

Th. Müller

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