Der Kampf gegen Radl-Rambos

Eine Dekra-Studie behauptet: Drei Viertel aller Verkehrsteilnehmer halten die Radfahrer für üble Rambos! Experte Hugo Walser widerspricht: Biker sind viel besser als ihr Ruf
von  dig
Er ist gerne flott auf zwei Rädern unterwegs, aber kein Radrambo: OB Ulrich Maly kennt die Klagen, doch er hält Radler nicht für rücksichtsloser als andere.
Er ist gerne flott auf zwei Rädern unterwegs, aber kein Radrambo: OB Ulrich Maly kennt die Klagen, doch er hält Radler nicht für rücksichtsloser als andere. © AZ Archiv

NÜRNBERG Aggressiv und rücksichtslos – so wird gerne über Nürnberger Radfahrer geurteilt. Das Wort vom „Radrambo“ fällt schnell, jedenfalls wenn man ihre natürlichen Konkurrenten, die Fußgänger anspricht. Diesen Eindruck bestätigt eine Umfrage der Prüf- und Sachverständigen-Firma Dekra, die 1600 Personen befragt hat: Drei von vier Teilnehmern (77 Prozent) erklären, dass sich „Radfahrer häufig über Verkehrsregeln hinwegsetzen“.

Auch Oberbürgermeister Ulrich Maly, der in der Freizeit selbst gerne in den Sattel steigt, kennt die Klagen zorniger Fußgänger: „Es steht eigentlich bei jeder Bürgerversammlung jemand auf und beschwert sich über rücksichtslose Radler. Mein Eindruck ist: Die Radfahrer mussten sich mühsam ihre Rechte gegenüber den Autofahrern erkämpfen. Jetzt vergessen sie manchmal die nötige Rücksichtnahme gegenüber den Fußgängern“.

"Ein Rüpel bleibt ein Rüpel, das Fahrrad ist nur das Transportmittel!"

Klagen häufen sich dort, wo beide gemeinsam eine Strecke benutzen oder nah beieinander liegende, farblich abgetrennte Wege. Der städtische Fahrradbeauftragte Hugo Walser kennt diese Klagen. Doch der erfahrene Stadtplaner, seit 18 Jahren Fahrradexperte, hält die Radlerkritik für überzogen: „Vergleicht man Unfallzahlen von Fahrradfahrern mit denen von Autofahrern, ist die Summe viel, viel geringer.“ Überhaupt will Walser kein spezielles Radlerverhalten benennen: „Beim Discounter an der Kasse gibt es auch stets Leute, die unverschämt drängeln. Es gibt überall ein paar Rüpel. Wenn ein Rüpel aufs Rad steigt, bleibt er ein Rüpel, das Fahrrad ist nur das Transportmittel.“

Ein großes Ärgernis sind Radfahrer in geschützten Fußgängerzonen: Die Nürnberger Polizei hat die Problemzonen erkannt und ist schon in den letzten Jahren mit 13 Schwerpunkteinsätzen gezielt gegen Radfahrer vorgegangen: 828 wurden verwarnt und 27 angezeigt, die Zahl der Verstöße geht zurück (fast 7 Prozent von 2009 auf 2010). Wer beispielsweise verbotswidrig durch die Breite Gasse oder die Karolinenstraße brettert, zahlt zehn Euro. Eine Anzeige gibt es bei Verstößen, die mit 40 Euro oder mehr sanktioniert werden: Überfahren roter Ampeln, Behinderungen und Gefährdungen Dritter... Was hilft? Kontrollen „sorgen eine zeitlang für ein verändertes Verhalten, dann häufen sich die Verstöße wieder“, weiß Polizeisprecher Peter Schnellinger. „Viel besser wirkt der Verkehrsunterricht in Schulen.“

Diese Eindrücke bestätigt Diplom-Psychologe Eberhard Bohrisch. Er unterstützt die Ansicht des Nürnberger Radexperten Walser: Pauschale Schuldzuweisungen „sind dummes Zeug, diese Statistik wird falsch benutzt. Es gibt rüpelhafte Autofahrer und es gibt Rüpel, die gehen zu Fuß. Wieder andere fahren mit dem Rad.“ Auch er hält viel von Erziehung: „Das mit der frühkindlichen Prägung stimmt. Wenn sich Eltern, Erzieher und Politiker immer vorbildlich verhalten würden, wäre viel getan.“

 

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