Der Fall Mollath: Ungereimtheiten ohne Ende
Ein Justizirrtum? Ein Komplott? Der 57-jährige Nürnberger Gustl Mollath sitzt seit Jahren in einer psychiatrischen Klinik. Die ARD zeigt am Montag eine Dokumentation. Tags drauf nimmt der Mollath-Ausschuss Steueramtschef Jüptner ins Kreuzverhör
Berlin - Sieben Jahre in der geschlossenen Psychiatrie, von der Außenwelt abgeschlossen, im medizinischen Gutachten als „paranoid“ bezeichnet: Gustl Mollath aus Nürnberg scheint kaum eine Chance zu haben. Doch er gibt sich kämpferisch. „Man behauptet nebulös ein Fehlverhalten, von dem ich weiß, dass es gar nicht stimmt“, erklärte der 57-Jährige vor wenigen Wochen nach einer mehr als sechsstündigen Anhörung vor Gericht.
Die ARD nimmt sich an diesem Montag (22.45 Uhr) in ihrer Dokumentation „Der Fall Mollath“ in der Reihe „Die Story im Ersten“ dem Schicksal eines Mannes an, gegen den sich die Welt verschworen zu haben scheint. Mollath ist nach einem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth seit 2006 in der Psychiatrie untergebracht, weil er seine Frau misshandelt haben soll. Die Vollstreckungskammer muss jährlich prüfen, ob seine Unterbringung im Bezirksklinikum Bayreuth noch gerechtfertigt ist.
Im Gespräch mit den ARD-Autoren Monika Anthes und Eric Beres klagt Mollath: „Ich hatte nicht einmal Punkte in Flensburg. Plötzlich sind Sie der kriminelle Wahnsinnige.“ Denn möglicherweise ist er nicht der Schuldige, sondern nur Opfer eines großen Komplotts. Vor gut zehn Jahren – so im ARD-Bericht zu sehen – ist Gustl Mollath glücklich, er steht in der Blüte des Lebens: Er restauriert Ferraris und verkauft sie. Seine Frau ist Vermögensberaterin bei der HypoVereinsbank. Er weiß, dass sie ihrer Klientel zu lukrativen Geldanlagen in der Schweiz rät. Er ist dagegen, wendet sich an die Bank, es kommt zum Streit. Schließlich erstattet Mollath Anzeige wegen Schwarzgeldgeschäften.
Doch nicht die Bank oder seine Frau stehen dann im Mittelpunkt der Ermittlungen – sondern Mollath selbst. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg nimmt ihn ins Visier. Misshandlungen an seiner Frau soll er begangen und Reifen zerstochen haben, das Gericht lässt ihn in die Klinik einweisen. Aus der geschlossenen Anstalt heraus wendet er sich an die Öffentlichkeit, 2010 auch an die Reporter. Anthes und Beres bringen seitdem laut ARD „immer mehr brisante Details ans Licht“.
Auch ein betriebsinterner Untersuchungsbericht der Bank kommt zu dem Schluss, dass einige Behauptungen Mollaths korrekt sind. Das Urteil, so die ARD, habe möglicherweise „eklatante Fehler“ enthalten. Selbst ein zentrales Beweisstück habe sich als unecht herausgestellt.
Während die Staatsanwaltschaft Regensburg inzwischen die Wiederaufnahme des Verfahrens fordert, muss Steueramtschef Roland Jüptner am Dienstag (4. Juni) zum vierten Mal innerhalb weniger Monate im Landtag erscheinen, um dort eine vermutete Falschaussage vor dem Rechtsausschuss aufzuklären. Geladen hat den Behördenchef der Mollath-Untersuchungsausschuss.
Die Steuerfahndung hatte die Anzeige Mollaths ohne weitere Prüfung zu den Akten gelegt, weil sie wirr formuliert gewesen sei. In diesem Zusammenhang hatte ein Steuerfahnder die Mollath-Akte mit dem Hinweis ergänzt „M.=Spinner“ – und zwar nach einem Anruf des mit dem Fall Mollath ebenfalls befassten Richters. Dazu hatte Jüptner am 28. Februar im Rechtsausschuss zunächst gesagt, es gebe keinen solchen Aktenvermerk. Eine Woche später erklärte Jüptner bei seinem zweiten Auftritt im Rechtsausschuss, er habe gemeint, es gebe keinen Aktenvermerk, in dem ein Einfluss des Richters auf das Steuerverfahren dokumentiert sei. Bei seinem dritten Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss hatte Jüptner erklärt, eine handschriftliche Notiz sei nicht das Gleiche wie ein Aktenvermerk.
SPD, Freie Wähler und Grüne wollen die Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen. Der Landtag könne vom Chef einer Landesbehörde volle und ehrliche Auskunft erwarten, hatte Grünen-Fraktionschef Martin Runge nach Jüptners vergangenen Auftritt verlangt.
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