Der Club und seine Leih-Bayern: „Da kannst du keine Fehler machen“
FCN-Sportdirektor Bader sieht den FCN allerdings nicht als Ausbildungsklub für die Münchner, denn: „Wir machen uns unabhängig vom Verein Gedanken, wo Spieler sind, die zu uns passen“
NÜRNBERG/MÜNCHEN Der 1.FC Nürnberg als Ausbildungsverein für die Bayern? Zum Beispiel Breno. 573 Bundesliga-Minuten im Club-Trikot, sieben Spiele innerhalb von ein paar Wochen – so viel Einsatzzeit hatte der zwölf Millionen Euro teure Brasilianer in zwei Jahren FC Bayern nicht bekommen. Ohne den Kreuzbandriss im März wären es noch mehr geworden. Oder Andreas Ottl: in einer halben Saison plus Relegation 19 Spiele, ein Tor und eine Vorlage, nur ein Mal ausgewechselt. Zahlen, die er beim Rekordmeister nie erreichte – und wohl nie erreichen wird. Und nun: Mehmet Ekici: zwölf Spiele für Nürnberg, drei Tore, drei Vorlagen, vorerst Interview-Verbot wegen zu vieler Anfragen.
Club-Manager Martin Bader dementiert die obige These: „Ausbildungsklub ist zu viel. Solche Teams spielen normal ein, zwei Ligen tiefer.“ Am Sonntag (17.30 Uhr) steigt zwischen den Erzrivalen das bayerische Gipfeltreffen. Von einer Rivalität zwischen den Vereinsbossen will Bader nichts wissen: „Die Rivalität ist aufgrund der Nähe und Historie berechtigt, hat sich in den letzten Jahrzehnten aber verschoben. Wir sind als Rivale natürlich nicht auf Augenhöhe. Aber wir haben ein Selbstbewusstsein. Und egal, von wo wir Spieler holen, wir holen sie für uns.“
"Der Austausch mit dem großen Nachbarn hat sich zur Win-Win-Situation entwickelt"
Der Austausch mit dem großen Nachbarn hat sich zu einer so genannten Win-Win-Situation entwickelt. „Wir machen uns unabhängig von Vereinen Gedanken, wo Spieler sind, die zu uns passen könnten“, erklärt Bader. Letztes Jahr im Abstiegskampf ist uns Uli Hoeneß beim Leihgeschäft mit Breno und Ottl auch wirtschaftlich entgegengekommen. Den Bayern hat das nicht zum Nachteil gereicht.“
Auch mit seinem Kollegen Christian Nerlinger tauscht er sich oft aus: „Irgendwann habe ich gesagt: Wir hätten gern einen Mittelfeldspieler wie Mehmet Ekici. Das funktioniert aber nur, wenn Bayern weiß, dass ihre Spieler in ein gutes Umfeld kommen: sportlich, medizinisch, Infrastruktur, Trainerstab.“
"Es ist fest verabredet, dass das Leihgeschäft Ekici im Sommer endet"
Im Fall Ekici sei „fest verabredet, dass das Ausleihgeschäft im Sommer endet“, betont Bader. Und: „Ich werde jetzt den Teufel tun und sagen: Wir bemühen uns um ihn. Ist doch klar, welche Reaktion kommen würde. Die Leverkusener hatten häufig gesagt, Toni Kroos behalten zu wollen – bis aus München die entsprechende Reaktion kam. Mit Recht! Was soll ich im November sagen, was im Juni passiert?“
Bader ist sich in einem Punkt aber völlig sicher: „Ekici wird bis Saisonende alles für den Club geben. Und das hat diese Jungs immer ausgezeichnet. Neben der sportlichen Qualifikation, die sie von Bayern mitbringen, auch der gute Charakter. Man muss diese Spieler nicht integrieren. Die sind da und funktionieren. Sie bekommen von der Jugend an eine gewisse Schulung. Da kannst du gar keine Fehler machen. Und so können wir die nach einem Jahr wieder guten Gewissens zurückgeben und sagen: Bei uns haben sie nichts verlernt.“
"Letztlich kehren sie sehr gut ausgebildet zurück"
Im Gegenteil. „Letztlich kehren sie sogar sehr gut ausgebildet zurück“, versichert Bader, für den „die Diskussionen um Leihspieler und um Talente oder Routiniers müßig“ ist. „Wir haben erfahrene Spieler wie Andy Wolf, Raphael Schäfer, Timmy Simons, Per Nilsson oder Javier Pinola. Die Mischung muss passen.“ Das tut sie beim Club, der angesichts von 10,6 Millionen Euro Miesen nicht mit Geld um sich werfen kann – wie beispielsweise nach dem Pokalsieg 2007 und dem damit verbundenen Einzug in den Uefa-Cup. Zwölf Monate später war der Club wieder einmal abgestiegen.
„Es geht nicht um jung oder alt, sondern um Qualität. Am Ende muss man Abwägen zwischen der Wirtschaftlichkeit und der Qualität", weiß Bader um den schmalen Grat, die personellen Wünsche des jeweiligen Trainers mit den (nicht) vorhandenen Moneten in Einklang bringen zu müssen. Wobei er in den letzten beiden Spielzeiten mit Leihgeschäften nahezu glänzend gefahren ist.
Auch die Leverkusener Reinartz und Risse überzeugten
Neben den Bayern Ottl und Breno wussten auch die Leverkusener Jungspunde Stefan Reinartz (21/nach seiner Rückkehr zu Bayer für Brenos Kreuzbandriss verantwortlich) und Marcel Risse (20/aktuell nicht ganz glücklich in Mainz) zu überzeugen. Auch Harvard Nordtveit (20/Arsenal London) und Eric Maxim Choupo-Moting (HSV) hatten ihren Anteil am Klassenverbleib 2010.
Aktuell sorgen neben Ekici auch die Leihgaben Julian Schieber vom VfB Stuttgart und der Leverkusener Jens Hegeler für Furore beim Club. Bayern wird sich hoffentlich wundern müssen, über die hohe Ausbildungsqualität in der Noris.Thomas Becker, Markus Löser