Der Amokläufer von Ansbach: Warum schweigen seine Eltern?
Die Polizei fand Gewaltvideos. Der 18-Jährige litt wohl an Wahrnehmungs- Störungen. Nahm er Pillen?
ANSBACH Noch immer sind die Motive für den blutigen Amoklauf des 18-jährigen Georg R. am Ansbacher Gymnasium Carolinum nicht vollständig erkennbar. Die Polizei glaubt jedoch, erste belastbare Erkenntnisse darüber gewonnen zu haben. Die Behörden wollen die Öffentlichkeit erst heute darüber informieren.
Hilfe bei der Motiverforschung für das schreckliche Verbrechen am vergangen Donnerstag ist von den Eltern des Amokläufers derzeit nicht zu erwarten. Sie hätten von ihrem Recht der Aussageverweigerung Gebrauch gemacht, verlautete am Wochenende. Ein Ermittler sagte zur AZ: „Natürlich sind wir darüber enttäuscht, weil wir von den Aussagen der Eltern wichtige Aufschlüsse zum Motiv erwartet haben.“ Welchen Grund sie für ihr Schweigen haben, konnte er nicht sagen. „Vielleicht ist es für sie aus psychischen Gründen momentan auch einfach unmöglich, über die Tat zu sprechen“, meinte der Ermittler.
Gewaltvideos und ein Testament sichergestellt
Wie bereits berichtet, wurde im Zimmer des Amokläufers umfangreiches Material sichergestellt. Darunter das mit Datum 11. 9. 2009 versehene, eineinhalbseitige Testament in DIN-A-5-Format. In seinem Schülerkalender hatte Georg R. unter dem 17. 9., den Tag des Amoklaufs, den Vermerk „Apokalypse Today“ notiert.
Wie inzwischen von den Ermittlungsbehörden bestätigt wurde, haben die Beamten der 25-köpfigen SOKO „Carolinum“ im Zimmer des Täters auch große Mengen von Gewaltvideos sichergestellt. Brutalo-Spiele sollen darüber hinaus auch auf der Festplatte seines Computers gefunden worden sein. Die Auswertung der elektronischen Datenbestände ist jedoch noch nicht endgültig abgeschlossen.
Georg R. "etwas seltsam"
Aussagen mehrerer Mitschüler zufolge, die Georg R. als „etwas seltsam“ bezeichneten, wusste niemand aus dem schulischen Umfeld von der psychotherpeutischen Behandlung, der sich der Amokläufer offenbar schon seit längerer Zeit bei einem in Ansbach praktizierenden Psychologen unterzog. Dies wurde mittlerweile auch von der Staatsanwaltschaft bestätigt, die aber keine näheren Angaben zum Krankheitsbild machen wollte. Nach AZ-Informationen soll Georg R. nicht nur Konzentrationsschwächen gezeigt, sondern auch unter Wahrnehmungsstörungen gelitten haben.
In wieweit Hinweise aus Schülerkreisen zutreffen, dass Georg R. in den Tagen vor der Tat größere Mengen an Medikamenten eingenommen habe, wird von den Ermittlungsbehörden noch geprüft.
Helmut Reister
- Themen:
- Polizei