Den Restschleim aus den Nasenhöhlen gedrückt
Nürnberg - Kabarettist Matthias Egersdörfer schreibt exklusiv und unregelmäßig für die Abendzeitung Nürnberg über Konzerte. Diesmal war er bei den Emil Bulls im Nürnberger Hirsch - und fand sie toll
Scheußlich nasskalt ist es am Dienstagabend gewesen. Ich entschied mich, einen Schal zu tragen. Vor dem Nürnberger Hirsch kam mir das jüngere Konzertpublikum kurzärmlig im T-Shirt entgegen. Die Damen und Herren sollten bei der Garderobenauswahl Recht behalten. Den Abend eröffnete das Trio Sonic Delivery aus der Schweiz. Rechtschaffen scheppernd und schnaubend stapften die Herren in Moonboots über verschneite Hänge. Der Gesang von Sänger Lars leuchtete weit über die Landschaft. Vielleicht nicht ganz wie ein Leuchtturm, aber den Charakter eines Aufblendlichts hatte es schon an den besten Stellen. Mit einem Mann mehr standen danach The Dreams auf der Bühne und leuchteten schon ungleich bunter durch die Oktobernacht. Wie wilde Zwerge, die einen Schatz bewachen in einem tiefen Stollen auf den Färöer Inseln, zischelten die lustigen Musikanten umeinander. Mit Springerstiefeln tollten sie theatralisch in der musikalischen Hüpfburg herum und scheuten sich nicht, Bryan Adams zu covern. Frontmann Hans-Edward und sein Kollege, der so viel Deutsch kann, dass es reicht, über seine Gliedgröße Auskunft zu geben, bringen allenthalben das Publikum zum leichten Toben.
Gleich darauf machten die Emil Bulls den Sack zu. Hier wird der Spaß recht leidenschaftlich und mit Ernst betrieben. Das Quintett pinkelt der bösen Schwiegermutter nicht nur in die Kommode, sondern zündet gleich das ganze Haus an. Ohne Umschweife wird mir der Restschleim aus den Nebenhöhlen gedrückt. Frontmann Cristoph von Freydorf fragt die tobende Menge mahnend, ob sie das bis zum Ende durchhalten könne. Unaufgeregter habe ich schon lange keine Baseballkappe auf einem Sängerkopf erlebt. Hymnisch gewittern zwei Gitarren und ein Bass und sprengen mit dem Schlagzeug einen haushohen Stollen durch die Finsternis. Aus einer Albtraumhalde taucht einmal eine Ballade auf, ganz wiesengrün, mit Schlammspritzern auf der Hose. Es ätzt ein Gitarrensolo durch die dicken Schichten. Da möchte man ein Töchterchen zeugen und sie dem adeligen Sänger zur Frau geben. Matthias Egersdörfer
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