Dem Sparschwein fehlt das Hämmerchen

Der Liederabend des Nürnberger Schauspiels „Hilfe! Mein Geld ist weg!“ im Ka-Li-Theater bleibt zu nett.
von  Abendzeitung
Pleite-Blues am Bass: Rolf Kindermann (vorn) mit Philipp Niedersen und Bettina Ostermeier.
Pleite-Blues am Bass: Rolf Kindermann (vorn) mit Philipp Niedersen und Bettina Ostermeier. © Marion Bührle

NÜRNBERG - Der Liederabend des Nürnberger Schauspiels „Hilfe! Mein Geld ist weg!“ im Ka-Li-Theater bleibt zu nett.

Erst rollen die Münzen aus allen Richtungen wie Lemminge in den Gulli, dann rufen die Sparschweine den Aufstand der Tiere als Krieg der Sterne aus. Bis dahin ist es noch Film, dann wird es live und den Menschen, die da über die drei einzigen Möglichkeiten ehrlicher Vermögenszuwächse Bescheid wissen (Finden, Gewinnen oder Erben) bleibt nur der Ba-Ba-Banküberfall. Dem Liederabend „Hilfe! Mein Geld ist weg!", mit dem das Nürnberger Schauspiel im Ka-Li die Finanzkrise im Schweinsgalopp bewältigt, fehlt vor allem eins – das Hämmerchen. An dem Abend ist am Ende viel zu wenig kaputt.

Knapp dreißig Songs, die alle irgendwie zum Thema herübergrüßen, ziehen ihre Jux-Spur mehr oder weniger breit durch die 90-Minuten-Revue. Einige hundert sollen ursprünglich zur Auswahl gestanden sein, also fehlt jedem Zuschauer sowieso irgendeiner und allen zusammen der entscheidende: „Wer soll das bezahlen?"

In solchen Niederungen der karnevalesken Realsatire wollten sich Iwona Jera (mit ihrer bisher artigsten Regie) und das jedem Gesangsverein als Verstärkung zu wünschende Ensemble nicht bewegen. Man hatte niveaubewusst bei Pink Floyd und Haindling eingesammelt, Rio Reiser und Udo Lindenberg nebeneinander gestellt, Abba und Monty Python angezapft. Die Ärzte treffen auf Rosenstolz, und Marion Schweizer will nach Paprika-Modell Marika Rökk vor allem eins, nämlich „keine Millionen“.

Da ist der fallsüchtige Philipp Niedersen, wenn er sein Schlagzeug für Marlenes Gigolo oder einen todernsten Schuhplattler verlässt, schon überraschender. Oder Michael Nowack, wie er in Kammersänger-Pose das tiefsinnige „Heidi-Heido-Heida“ bei der Hymne von „Heller und Batzen“ intoniert.

Dominant sind aber nicht solche anarchischen Hüpferer in die schräge Richtung. Die Inszenierung, was immer sie gewollt haben mag, verheddert sich in ungebremste Talentproben. Frank Damerius ist die Allround-Stimmungskanone, Rolf Kindermann der seine Skurrilität zwischen Kontrabass und Ukulele klemmende Musikclown. Und Bettina Ostermeiers grenzenlose Instrumentenbeherrschung bereitet immer wieder Freude – auch wenn sie nicht verhindert, dass als Imitat kommt, was Travestie sein müsste. Ein Großteil der ausgewählten Songs hat die Brechung in der Satire nämlich längst schon im Original bewältigt, da bleibt den singenden Schauspielern statt der Reaktion aus der Distanz oft nur der feste Wille, nah dran zu bleiben.

Von der Bühne, die von Sparschweinen umstellt ist, fliegt am Ende des Bunten Abends das Falschgeld bündelweise ins zupackende Publikum. Der Beifall für den netten kleinen Spaß war inflationär. Dieter Stoll

Die nächsten Vorstellungen: 29. und 30. Oktober, 10., 18. und 19. November, je 19.30 Uhr

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.