Delfin-Projekt kostet Nürnberg Millionen

Die Sanierung des Delfinariums im Zoo von Nürnberg verschlingt immer mehr Geld. Die Stadt gibt sich dennoch weiterhin zuversichtlich.
von  Helmut Reister
Ein Hingucker vor allem für Kinder, aber leider nicht ganz dicht: das Nürnberger Delfinarium. Foto:  Daniel Karmann
Ein Hingucker vor allem für Kinder, aber leider nicht ganz dicht: das Nürnberger Delfinarium. Foto: Daniel Karmann © dpa

Nürnberg - Aus der Attraktion des Nürnberger Tiergartens ist ein Millionen verschlingendes Monster geworden. Fehleinschätzungen, Planungsmängel und vor allem Pfusch am Bau treiben die Kosten für die Delfin-Lagune in schwindelerregende Höhen. Geschätzte sechs Millionen Euro muss die Stadt dafür lockermachen, damit die Becken, in denen sich die Delfine tummeln und Kunststücke vollbringen sollen, auch dicht sind.

Derzeit sind sie noch leck – und waren es von Anfang an, seit der Inbetriebnahme 2011. Der Stadtrat hat den dicken Haushaltsposten und die damit zusammenhängende Sanierung jetzt zähneknirschend durchgewunken. 2017 soll es mit der Löcherabdichtung losgehen, die voraussichtliche Bauzeit: eineinhalb Jahre.

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Es ist fraglich, ob die Abdichtungsmaßnahme erfolgreich sein wird

Bisher hat die Stadt knapp 32 Millionen Euro in das umstrittene Delfin-Projekt investiert. Die Sanierungskosten sind dabei noch nicht eingerechnet, genauso wie mehrere unkalkulierbare Risikofaktoren, die weitere Kosten befürchten lassen. Wie in der Stadtratssitzung angesprochen wurde, sei der Erfolg der geplanten Abdichtmaßnahmen keinesfalls garantiert, sondern nur eine Lösungsmöglichkeit.

Einer, der davon überzeugt ist, dass alles gut geht und die Sanierung auch klappt, ist der für den Tiergarten und die Lagune zuständige Bürgermeister Christian Vogel. Darüber hat er den eigenen Worten zufolge auch noch die Hoffnung, dass zumindest ein erheblicher Teil der für die Sanierung notwendigen Millionen wieder an die Stadt zurückfließt. Gegebenenfalls werde er auch vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung nicht zurückschrecken, momentan setze er auf außergerichtliche Einigungen.

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Derzeit sieht es nicht nach einer schnellen Lösung aus

Auf den ersten Blick scheinen Vogel und die Stadt die besseren Trümpfe in der Hand zu halten. Ein bereits vor längerer Zeit vom Tüv angefertigtes Gutachten ist zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen, dass beim Bau der Lagune gepfuscht worden sei. Die Stadt macht dafür in erster Linie ein Planungsbüro verantwortlich, schließt aber auch Fehler von anderen am Lagune-Bau beteiligten Firmen nicht aus.

Beim Landgericht in Nürnberg hat die Stadt ungeachtet aller Aussagen schon vor über einem Jahr ein sogenanntes Beweissicherungsverfahren in Gang gesetzt (AZ berichtete). Es richtet sich gegen sieben Firmen. In dem Verfahren soll gerichtlich geklärt werden, welche Ursachen für die undichten Becken ausschlaggebend waren.

Justizsprecher Michael Hammer betont in dem Zusammenhang ausdrücklich, dass das Verfahren nur die Ursachen festzustellen habe, aber keine Entscheidung zu den Verantwortlichen treffe. Dazu müssten weitere Verfahren geführt werden.

Nach einer schnellen Lösung sieht es gegenwärtig nicht aus, eher nach einer jahrelangen juristischen Auseinandersetzung. Die nicht unerheblichen Kosten des Beweissicherungsverfahrens trägt die Stadt. Die Zwischenrechnung für ein erstes Gutachten, das noch weiter bearbeitet werden muss und dem noch andere folgen dürften, ist bereits da: 42.000 Euro. Wie hoch die Kosten am Ende ausfallen werden, ist kaum abschätzbar. An dem Fall arbeitet fast ein Dutzend Anwälte.


Warum Delfinarien in Deutschland umstritten sind:

Viele Menschen lieben die Vorführungen mit Delfinen, die durch Reifen springen oder Bälle auf der Nase balancieren. Tierschützer jedoch kritisieren die Haltung der intelligenten Säugetiere in Gefangenschaft seit Jahren. Hauptargument ist, dass Wale und Delfine in künstlichen Becken nicht artgerecht leben können und erheblich früher als in Freiheit sterben.

Auch gegen die Nürnberger Anlage wird seit der Eröffnung im Jahr 2011 regelmäßig protestiert. In Nürnberg und Duisburg gibt es die letzten zwei von einst neun Delfinarien in Deutschland.

Nur noch zwei Anlagen

Wale und Delfine sind in allen Weltmeeren zu Hause, von den Tropen bis zu den Polen. Der Gesamtbestand der Delfinart Großer Tümmler, die am häufigsten in Delfinarien zu sehen ist, wird weltweit auf rund fünf Millionen Tiere geschätzt. Große Tümmler schwimmen in Freiheit Tausende Kilometer und können sehr tief tauchen.

Mit ihrer Sonarortung, ähnlich dem Echolot-System der Fledermäuse, verfügen sie über eine der erstaunlichsten Sinnesleistungen im Tierreich. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Delfine ihr Spiegelbild erkennen können. Forscher gehen deshalb von einem "Ich-Bewusstsein“ der Tiere aus. In vielen Ländern stehen Delfine unter Schutz. Die größte Bedrohung für sie sind in der Regel Fischernetze.

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