Debatte ohne Bindestrich
NÜRNBERG - Der neue Nürnberger Hochschulrat ist nun komplett, sucht ein Profil – und einen Nachfolger für Präsident Siegfried Jerusalem.
Endlich allein. Nürnbergs einstiges Meistersinger-Konservatorium, nach mühevollen Aufwertungs-Bemühungen vor zehn Jahren zusammen mit Augsburg zur bayerischen Bindestrich-Musikhochschule geadelt, existiert jetzt ohne Schwaben-Anhang. Die hochgestufte Einrichtung braucht eine neue Leitung, so will es das Hochschulgesetz. Für Siegfried Jerusalem bedeutet das den Einstieg zum Abschied.
Vom gewählten Senat, in dem neben Präsidium und Professoren auch Vertreter der Verwaltung und der Studenten sitzen, gehören sieben zugleich dem Hochschulrat an, der über die künftige Grundordnung bestimmt – und über die Besetzung der Spitze.
Inzwischen hat der eben erst ins Amt gekommene bayerische Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch weitere sieben Mitglieder ernannt, die den geschärften Blick von außen für fällige Entscheidungen garantieren sollen. Mit der Berufung der Generalmusikdirektorin und Intendantin der Hamburgischen Staatsoper glamourt es sogar ein wenig. Wie oft die Stardirigentin zu den vier jährlichen Sitzungen erscheint, weiß ihr Terminkalender allein.
Auch sonst sind die Plätze mit namhaften Persönlichkeiten besetzt: Peter Reidemeister, Ex-Leiter der Schola Cantorum Basiliensis, Wolfhagen Sobirey, Mitglied des Landesmusikrats, und Peter M. Lynen, Chef des Zentrums für internationales Kunstmanagement Köln, bringen Fachwissen mit, Michael Braun, Präsident der Georg-Simon-Ohm Hochschule, zudem Kenntnisse der Nürnberger Szene. Damit kann auch Axel Linstädt (BR, Leiter des ARD-Musikwettbewerbs) dienen, der einst vor Ort mit der Improved Sound Ltd. der Rockmusik eine eigene Farbe gab, ehe er wieder zur E-Abteilung konvertierte. Und auch der kritische Publizist Theo Geißler (Neue Musikzeitung) hat Stimmrecht.
Erste Aufgabe des Hochschulrats wird die Debatte einer Grundordnung sein. Als Voraussetzung für die Berufung des neuen Rektors. Siegfried Jerusalem, der emeritierte Wagner-Tenor, muss nach überraschender Verlängerung endgültig weichen. Mit bald 69 Jahren überschreitet er das zulässige Höchstalter. Der im Vorjahr auf Gerüchte-Basis ins Gespräch gebrachte Ex-Intendant Wulf Konold, nebenberuflich Professor, wird inzwischen nicht mehr genannt.Georg Kasch / Dieter Stoll
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