Das Unglück von Stein: "Sie haben alles verloren"
TRAUNSTEIN - Mutter Uschi und Sohn Leon haben überlebt und es geht es ihnen schon besser. Vater Peter B. starb, weil er Überstunden abbaute und früher nach hause kam.
Peter B. fand in seinem Beruf Erfüllung. Er machte oft Überstunden, kam oft erst spät nach Hause. Am Montag sollte es anders sein. Der Heilerziehungspfleger will mit Frau Uschi und den Kindern Leon und Sophie zu Abend essen, darum ist er schon vor acht Uhr zuhause in Stein an der Traun. Um 19.45 löst sich der tonnenschwere Felsbrocken aus dem Hang hinter dem Haus. Er zermalmt das Gebäude. Peter B. (45) und Tochter Sophie (18) sind sofort tot.
„Herr B. hat am Montag Überstunden abgebaut und ist früher nach hause gegangen“, bestätigt Annemarie Funke vom Wohlfahrtsverband Lebenshilfe der AZ. Dort war Peter B. seit 2001 angestellt. In einer Wohngruppe in Seeon betreute er geistig behinderte Menschen. Auch am Montag hatte er wie fast jeden Tag die Behinderten gepflegt, sie angekleidet und ihnen vorgelesen.
Die Entscheidung, früher zu gehen um bei seiner Familie zu sein, war fatal. Sie führte direkt in den Tod. Laut Dienstplan hätte seine Schicht um 21 Uhr geendet. Um 20 Uhr zerschlug der Felsbrocken eine glückliche Familie, zertrümmerte eine Existenz.
Nur Mutter Uschi (40) und Sohn Leon (16) überlebten. Trotz ihrer schweren Verletzungen können sie wohl „in zwei bis drei Wochen das Krankenhaus verlassen“ erklärt Franz Parzinger, der Bürgermeister von Traunreut. „Diese Familie hat alles verloren, den zwei Überlebenden ist nichts geblieben“, sagt Parzinger, der nun zu Spendenaktionen aufruft. Doch es gibt auch viele, die helfen wollen. Drei Bekannte hätten Uschi und Leon nun Unterkünfte in Stein an der Traun angeboten. Doch zunächst werden die beiden bei Hermann Schätz unterkommen, dem Vater und Großvater.
Schätz verbringt jeden Tag viele Stunden am Krankenbett „meiner Kinder“, wie er sagt. In der Stimme des langjährigen SPD-Bundestagsabgeordneten liegt zwei Tage nach dem Unglück, das seine Familie zerschlagen hat, tiefer Schock und heftiger Schmerz. Er hält Uschi und Leon die Hand, spricht mit ihnen, tröstet sie – und tröstet sich. Nur die Aussicht auf rasche Genesung kann den Schmerz lindern. „Körperlich geht es ihnen den Umständen entsprechend gut.“
Die Anteilnahme an dem Schicksal der Familie B. ist groß. Kerzen leuchten vor dem schneebedeckten Trümmerfeld an der Pallingerstraße in Stein. Am Mittwochmorgen haben Lehrer und Mitschüler der toten Sophie eine Trauerfeier organisiert. „Es war sehr emotional“, erzählt Pfarrer Rainer Maier.
Noch ist der Schmerz zu groß, und Gedanken an die Zukunft scheinen weit weg: „Es ist noch ein sehr weiter Weg“, meint Hermann Schätz. Der Vater und Großvater vermutet, dass Uschi und Leon zurückkehren nach Stein, den Ort der Tragödie: „Sie werden bestimmt wieder dort leben wollen. Irgendwann.“
Reinhard Keck
Hier können Sie helfen
Viele User von abendzeitung.de fragen, wie sie den Hinterbliebenen des Unglücks von Stein an der Traun helfen können. Für finanzielle Hilfe hat die Stadt Traunreut Spendenkonten eingerichtet. Der Spendenzweck lautet: „Spendenhilfe Stein“
Konto 100 016 195, BLZ 701 691 95 bei der Raiffeisenbank Trostberg-Traunreut.
Konto 205 831 296, BLZ 710 900 00, Volksbank Raiffeisenbank Oberbayern Südost eG
Konto 40 131 161, BLZ 710 520 50 bei der Kreissparkasse Traunstein-Trostberg
Konto 373 118 010, BLZ 710 221 82 bei der HypoVereinsbank Traunreut
Auch die Bürgerstiftung Traunsteiner Land beteiligt sich an der Aktion: Konto 1 077 775, BLZ 710 900 00, Stichwort: „Stein“
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