Das traditionelle Waltenberger-Haus kommt weg

Oberstdorf - Nach 140 Jahren ist Schluss mit dem Waltenberger-Haus: Die älteste Hütte des Deutschen Alpenvereins (DAV) in den Allgäuer Alpen wird abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Tausende Wanderer kamen jedes Jahr dorthin. Ab 7. September ist das Haus geschlossen. Und die Bergesteiger müssen sich ein paar Jahre gedulden.
Bis zum 6. September aber ist sie noch geöffnet, sagt Matthias Hill, der Geschäftsführer der DAV-Sektion Allgäu-Immenstadt. Danach ist auch der Zustieg von Einödsbach nicht mehr begehbar, heißt es auf der Internetseite der Hütte.
Ein Vier-Sterne-Hotel auf 2085 Metern Höhe wird es trotzdem nicht
Warum die Hütte abgerissen wird: Vor allem der Brandschutz in dem auf 2085 Metern gelegenen Haus entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen – und kann auch nicht nachgerüstet werden.
Die Mängelliste des Waltenberger-Hauses ist lang: Allem voran steht auch die Bausubstanz des Gebäudes. Aber es ist dort auch viel zu eng: Die Wirtsfamilie lebt in einer lediglich 15 Quadratmeter großen Stube, es gibt zudem keinen Lagerraum. Die Hütte verfügt zwar über 70 Schlafplätze, hat aber nur 45 Plätze in der Gaststube und lediglich zwei Toiletten. Die Betten seien zum Teil nur 1,70 Meter lang. Dazu kommt: „Küche und Bierkeller sind eine Katastrophe“, sagt Hill. Soll heißen: Die Berghütte wird also nicht abgerissen, „weil wir wollen, sondern weil wir müssen“.
Wann der Neubau eröffnet: Die nächste Wandersaison 2016 fällt erst einmal aus: Erst im Juli 2017 soll das neue Haus fertig sein. Die Kosten dafür liegen bei rund 3,2 Millionen Euro. Der Neubau soll großer und moderner werden, aber „kein Vier-Sterne-Hotel“. Es werde auch weiterhin Mehrbettzimmer geben. Bis sich da die ersten Bergwanderer ausschlafen können, werden wohl zwei Jahre vergehen.
Das Problem: Bagger und Material kommen per Hubschrauber
Angesichts der hochalpinen Lage der Hütte knapp unterhalb der Berge der guten Hoffnung stellen Abriss und Neubau eine logistische Herausforderung dar. Wohncontainer für die Arbeiter, Material und Bagger – teilweise in Einzelteile zerlegt – müssen mit dem Hubschrauber zur Hütte geflogen werden. Zurzeit kommen Wanderer „in Karawanen“ zum Waltenberger-Haus, um letzte Fotos von ihrer beliebten Hütte zu machen. Sobald in einer Woche der Abriss beginnt, sollten Bergsteiger bei der Planung ihrer Touren berücksichtigen, dass sie nicht mehr einkehren und übernachten können.
Das 1875 errichtete Waltenberger-Haus ist nach DAV-Angaben die älteste DAV-Berghütte im Allgäu und die zweitälteste in den Bayerischen Alpen. Sie wurde zu Ehren des Sektions-Mitgründers und damaligen Vorstands Anton Waltenberger nach ihm benannt.
Das besondere an der Hütte: Sie ist eine der wenigen, die keine Materialseilbahn haben, das heißt: Sie wird vollkommen mit dem Hubschrauber versorgt. So mussten zum Beispiel vor dem Saison-Start fast 17 Tonnen Lebensmittel und andere unverzichtbare Dinge des täglichen Lebens auf 2085 Meter Höhe transportiert werden. Bis 1978 wurde das Haus ausschließlich durch Träger versorgt, sprich: Burschen haben kiloweise Lebensmittel hinaufgetragen. Dafür gab’s 25 Mark und ein Essen. Das war damals viel – so dass manche sogar zweimal pro Tag aufstiegen.