„Das schlägt ein wie eine Bombe“

New Orleans rückt dem fränkischen Wendelstein noch ein Stück näher beim dortigen Musik-Festival.
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Schon beim Bardentreffen 2007 ein Hinhörer: Hazmat Modine aus New York.
Veranstalter Schon beim Bardentreffen 2007 ein Hinhörer: Hazmat Modine aus New York.

NÜRNBERG - New Orleans rückt dem fränkischen Wendelstein noch ein Stück näher beim dortigen Musik-Festival.

Die Auswahl-Qualen übergeht der Festivalmacher schon mal geflissentlich: „Im Prinzip wird jeder Abend toll“, sagt Gerd Huke, der Kulturamtsleiter von Wendelstein, über die 16. Ausgabe des New Orleans Music Festival, das vom 25. April bis 3. Mai wieder 16000 Besucher anlocken soll. Was ungefähr der Größenordnung des Marktfleckens südöstlich von Nürnberg entspricht. Die knapp 50 Konzerte richten sich an Kenner und Wiedererkenner.

Denn neben Namen wie Bill Ramsey, Thilo Wolf, Chris Jagger und Los Dos y Companeros, den oberpfälzernden Salsa-Brüdern, bündelt Huke etwa bei einer „Austin Music Night“ am 1. Mai die TexMex-Queen Patricia Vonne, 2008 die Abräumerin, mit der Band Del Castillo, die Flamenco mit Santana kreuzen: „Da sitzen zwei Buben, die aussehen, als arbeiteten sie bei der Raiffeisenbank“, sagt Huke, „und dann explodiert der Sound der Castillo-Brüder. Die werden einschlagen wie eine Bombe.“

Auch Lisa Haley wurde beim Festival schon gefeiert mit ihren wurzelbehandelnden Zydecats. Jetzt bildet die Geigerin mit der Helt Oncale Band und Peter Schneiders Stimulators das Triple-Finale, dem vorsorglich eine Tanzfläche untergeschoben wird. Festivalzentrum ist wieder die Waldhalle, von der aus musikalische Stichstraßen in die örtlichen Wirtschaften gehen, die mit dem Festival offensichtlich gut bedient sind. Dort tobt der Jive-Drive der Nürnberger Ballroomshakers und knarzt der Import-Gedanke wie bei den stammgastlichen New Orleans Rhythm Boys.

Dass der dazugehörige Sound jünger tönt als Wendelstein mit seinen 750 Jahren im Jubiläumsjahr, könnte eine Auswahl belegen, die stärker an die Quelle von Blues, Cajun, Jazz und Rock rückt. Der zeitgenössische Jazz, der die Begeisterung übers Festivalkonzept etwas dämpfte, bleibt weitgehend ausgeblendet, stabilen Zuschauerzahlen steht also nichts im Wege. Dafür sprechen auch die „Favoriten“ in den Doppelkonzerten.

Die Österreicher von Los Torpedos, die Pop-Klassiker durch den Fleischwolf drehen, treffen auf das New Yorker Blas-Oktett Hazmat Modine. Nach deren Bardentreffen-Auftritt resümierte die AZ-Kritik: „Wie Harmonika-Spieler Wade Schuman, der sich als Sänger in die Nähe Randy Newmans ätzt, auf seinem ,Fotzenhobel’ regelrecht scratcht und heißen Dampf ablässt, ist genauso spektakulär wie die Eingemeindung reizvoller Tom-Waits-Brüchigkeit.“

Die Bluesrock-Sängerin Dana Fuchs – für Huke eine Mischung „aus Janis Joplin und dem jungen Robert Plant“ – spielt mit dem eigensinnigen „Matador“-Hitlieferanten Garland Jeffreys. Souler James Hunter, frisch Grammy-dekoriert, mit dem ewigen Geheimtipp Elliott Murphy und Junior Watson, Gitarren-Gefährte von B.B. King bis Canned Heat, begegnet Voodoo-Freund und Sumpf-Blueser Coco Robicheaux, der eigens aus New Orleans eingeflogen wird. Und damit als weiterer Beleg dafür dient, dass New Orleans näher rückt an Wendelstein.

Der Reiz des Unbekannten birgt durchaus Risiken, denn die Neugier ist weiter nicht stark ausgeprägt, weiß Huke. Erledigt hat sich für ihn das (zu teure) Festival-Gefühl im Zirkus-Sternenzelt, aber auch sein jahrelanger Wunsch nach einer atmosphärischen Stadthalle („das ist mal ja, mal nein“). Wie er überhaupt die aktuelle Kulturpolitik nüchtern einschätzt. Bei einem „entsprechenden Minus“ in der Bilanz werde man ihm wohl den Saft abdrehen, befürchtet der enthusiastische Macher. Andreas Radlmaier

Infos: www.wendelstein-festival.de

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