Interview

"Das Projekt war abgehakt": Warum Claudia Stamm jetzt doch Oberbürgermeisterin werden will

Claudia Stamm will Oberbürgermeisterin von Würzburg werden. Die Tochter von Bayerns ehemaliger Landtagspräsidentin Barbara Stamm rechnet sich gute Chancen aus. Im AZ-Interview sagt sie: "Ich sehe mich in keiner Außenseiterrolle."
von  Natalie Kettinger
Claudia Stamm bei einer Veranstaltung auf der Praterinsel: Die Politikerin engagierte sich einst bei den Grünen, dann in ihrer eigenen Partei. Ihre Mutter war ein Urgestein der CSU.
Claudia Stamm bei einer Veranstaltung auf der Praterinsel: Die Politikerin engagierte sich einst bei den Grünen, dann in ihrer eigenen Partei. Ihre Mutter war ein Urgestein der CSU. © B. Lindenthaler/imago

München/Würzburg - In knapp drei Wochen will Claudia Stamm Würzburger Oberbürgermeisterin werden und ins dortige Rathaus einziehen. Die Politikerin und Journalistin hat mit der AZ darüber gesprochen, warum sie denselben Schritt wie ihre Mutter Barbara Stamm, einst Präsidentin des Bayerischen Landtags, im Jahr 1990 geht.

AZ: Frau Stamm, Sie wollen am 4. Mai Oberbürgermeisterin von Würzburg werden. Wie kommt’s?
CLAUDIA STAMM: Die Idee, dass ich das, was ich kann und gelernt habe, in ein kommunalpolitisches Spitzenamt stecke, gab es schon länger. Mir war dabei immer wichtig, dass ich zu dem Ort, an dem das dann geschieht, auch einen starken Bezug habe – im Gegensatz zu Kollegen im Landtag, die sich einfach überlegt haben, wo auf der Landkarte gerade jemand gebraucht wird. Als der amtierende Würzburger OB Christian Schuchardt zu Beginn seiner Amtszeit sagte, er wolle erneut antreten, war dieses Projekt für mich zunächst abgehakt, weil ich ihn – zumindest in manchen Punkten – für einen sehr guten Oberbürgermeister halte. Als er dann allerdings ankündigte, sich zurückzuziehen, hat mich jemand aus dem Stadtrat angesprochen.

Darum tritt Claudia Stamm in Würzburg an

Kritiker sagen, Sie seien in den letzten Jahren nicht besonders häufig in Würzburg gewesen.
Ich war zwar nicht dauerhaft hier, aber oft bis sehr oft. Würzburg war immer der Treffpunkt für unsere Familie. Dann war ja auch meine Mutter sehr krank. Außerdem ist meine große Tochter zum Studieren nach Würzburg gezogen – und ich hatte immer vor, im Alter herzuziehen. Nun ist das Alter halt ein bisschen früher (lacht). Übrigens kam die Anfrage aus dem Stadtrat auch deshalb, weil es für gut befunden wurde, wenn eine, die verwurzelt ist, gleichzeitig einen Blick von außen hat und in keine Strukturen oder Streitigkeiten verwickelt ist.

Ihre Mutter Barbara wollte 1990 ebenfalls Oberbürgermeisterin von Würzburg werden – und ist gescheitert. Welche Rolle spielt diese Kandidatur für die Ihrige?
Keine große. Wobei ich mich noch gut an diese für die Familie belastende Zeit erinnern kann und mich schon gefragt habe, ob das wohl wieder Thema bei mir ist. Aber ich habe in vielen Gesprächen gemerkt, dass dem nicht so sein wird.

Sie gehen als Außenseiterin ins Rennen.
Tue ich das?

"Ich sehe mich keinesfalls in einer Außenseiterrolle"

Zumindest haben Sie – anders als Ihre beiden Mitbewerberinnen und Ihr Mitbewerber – keine Partei im Rücken.
Ich habe mich nicht von einer oder mehreren Parteien aufstellen lassen. Aber da sind welche da. Deshalb würde ich mich noch lange nicht als Außenseiterin sehen – ganz im Gegenteil. Es war ja nicht so leicht, die notwendigen Unterschriften für die Wahl zusammenzukriegen. Es gab durchaus Menschen, die nicht geglaubt haben, dass ich es schaffe, 385 Menschen dafür ins Rathaus zu bewegen. Aber wir – und ich sage bewusst "wir" – haben innerhalb einer guten Woche 480 zusammengekriegt! Und in der Stadt sind Leute, die ich nicht kenne, auf mich zugekommen und haben gesagt: Sie müssen unbedingt antreten! Insofern: So, wie die Basis in Würzburg reagiert hat, sehe ich mich keinesfalls in einer Außenseiterrolle.

Was erhoffen sich diese Menschen von Ihnen?
Zum einen ist es sicher so, dass ich eben nicht schon fünf Jahre im Amt war und in dieser Zeit wenig vorangegangen ist. Zum anderen kennen mich die Leute als anpackende, zuhörende und auf den Menschen achtende Politikerin. Ich war zehn Jahre lang im Landtag, die meiste Zeit als haushaltspolitische Sprecherin, und habe Dinge bewegt, die Menschen in Würzburg, aber auch in ganz Bayern angehen – zum Beispiel mit meiner Kritik am Polizeiaufgabengesetz. Damit war ich ein Dreivierteljahr allein im Landtag, bevor alle – inklusive Staatsregierung – gemerkt haben, dass bei dieser Novelle einige Punkte nicht in Ordnung sind.

So will Claudia Stamm das Stadtbild von Würzburg verbessern

Was wäre das Erste, was Sie in Würzburg anpacken würden?
Ich würde die Stadt mit mehr Pflanzen und mehr Schatten attraktiver machen und die Aufenthaltsqualität verbessern. Das würde ich zur obersten Chefin-Sache machen.

Ihre Homepage heißt Tatkraft.com. Warum?
Weil ich überzeugt davon bin, dass hier jetzt mit Tatkraft angepackt werden muss. Und die vielen Gespräche, die ich geführt habe, haben mich noch mehr davon überzeugt, dass es eben nicht reicht, fünf Jahre oder noch länger eine Straßenbahn zu planen oder mehr Schatten und Pflanzen in die Innenstadt bringen zu wollen.

Ist "Tatkraft" ein Slogan – oder womöglich der Name einer neuen Partei?
Ein Slogan: Endlich machen

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