Das neue Schauspielhaus: Die Zukunft gehört den Garderobieren

Der Umzugs-Countdown läuft: Ein AZ-Besuch in der großen Noch-Baustelle am Richard-Wagner-Platz
von  Abendzeitung
Stolz auf die komfortable Treppe: Andrea Seitz, Projektleiterin und Architektin beim Hochbauamt.
Stolz auf die komfortable Treppe: Andrea Seitz, Projektleiterin und Architektin beim Hochbauamt. © Berny Meyer

NÜRNBERG - Der Umzugs-Countdown läuft: Ein AZ-Besuch in der großen Noch-Baustelle am Richard-Wagner-Platz

Versteh einer die Architekten. Seit fünf Jahren steuert Andrea Seitz fürs Hochbauamt die Neugestaltung des Schauspielhauses, sie verbaut Monat für Monat 1,2 Millionen Euro, koordiniert Hunderte kleiner Bauaufträge, und bis zum ersten Umzugstermin am 25. Mai läuft jetzt schon spürbar die Zeit davon – das alles nimmt die 43-Jährige ganz gelassen. Aber wenn man mit ihr ins oberste Stockwerk geht, dann wird sie plötzlich neugierig: wegen der Treppe. Die Stufen führen in den obersten Stock, wo die künftige Blue Box steht. Sie sind staubig und so unverputzt, dass sie auch aus einer Ruine stammen könnten, aber noch während man auf ihnen geht, fragt Andrea Seitz ungeduldig: „Wie finden Sie die Treppe?“ Und dann dämmert einem, was sie meint: die bequemen Stufenabstände.

„Die haben wir extra ausgetestet“, strahlt sie, „wir haben außen ein Modell hingestellt, so dass jeder Mitarbeiter drüber gehen konnte und uns sagen, was er davon hält.“ Soviel Demokratie war selten, jedenfalls am Bau. Und es ist nicht das Einzige, was sich das Hochbauamt für das 38-Millionen-Euro-Projekt einfallen ließ. So haben die Hochbauer die eierkartonartig aussehende Brandschutzmasse eigens nochmal auf Emissionen durchmessen lassen, um Spätschäden wie beim Asbest auszuschließen. „Wir liegen unter allen Grenzwerten“, sagt Seitz. Um Platz im Haus zu gewinnen, wurde die Gebäudetechnik in einem Blechkasten aufs Dach ausgelagert – jetzt gibt’s dafür größere, schönere Probenräume für die Schauspieler. Und damit die Gebäudetechnik nicht das schwache, dafür nicht vorgesehene Dach eindrückt, fangen das Gewicht jetzt zwölf Stützen ab, die man senkrecht darunter durchs gesamte Haus getrieben hat. Sehen kann man sie nicht, sie sind im neuen Aufzugschacht verbaut, der jetzt den Höhenunterschied zwischen Opern- und Schauspielhaus ausgleicht. „Früher sind die Arbeiter mit den schweren Wagen einfach eine lange Rampe runtergeschlittert“, schüttelt Andrea Seitz den Kopf.

Hinter der Bühne drängeln sich Firmen, verlegen parallel die Elektrik, während andere an der Belüftung arbeiten. Die ultra moderne Bühnentechnik mit der lang umkämpften Drehbühne ist installiert, der Bühnenboden liegt schon. „Langsam wird’s hektisch“, beobachtet Seitz, „aber das ist an jeder Baustelle so. Erst glauben alle, sie haben ewig Zeit, dann spüren sie den Fertigstellungstermin.“ Ende Juli soll das neue Schauspielhaus fertig sein, aber damit der Umzugsstress für die neuen alten Bewohner entzerrt wird, muss schon am 25. Mai alles einzugsbereit sein, was hinter der Bühne liegt. Die Foyers oder der Zuschauerraum mit der neuen Wellendecke haben dann noch acht Wochen länger Zeit. Einziger Wermutstropfen: Die beliebten Garderobenschränke zur Selbstbedienung sind Vergangenheit, die Zukunft gehört den Garderobieren. Timur Vermes

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