Das neue neunjährige Gymnasium
München - Seit fast zehn Jahren wird in Bayern über die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium gestritten. Jetzt kommt Bewegung in die Endlos-Diskussion. Am Mittwoch hat der Philologenverband (bpv), in dem die bayerischen Gymnasiallehrer organisiert sind, sein Konzept für ein „neues neunjähriges Gymnasium“ vorgestellt.
Ministerpräsident Horst Seehofer und Bildungsminister Ludwig Spaenle (CSU) haben schon mehrmals angekündigt, dieses Konzept zu prüfen. Die Lehrer fordern eine Umkehr des jetzigen Systems: G8 soll die Ausnahme, G9 die Regel sein. „Die schwächeren Schüler sollen nicht mehr begleitet wiederholen, sondern die guten Schüler eine Jahrgangsstufe unterstützt überspringen“, sagt Verbandsvorsitzender Max Schmidt.
Die Unterstufe soll unverändert bleiben. In der Mittelstufe können sich die Schüler dann entscheiden, ob sie das Abitur nach 12 oder 13 Jahren machen. Wer die kürzere Variante wählt, überspringt die zehnte Klasse. Dafür kann der Überspringer in der neunten und elften Klasse Förderangebote nutzen. Diese Förderung gibt’s auch für Schüler, die ein Jahr ins Ausland gehen.
Angesichts der Dauerkritik von Lehrern, Schülern und Eltern am G8 hatte Seehofer am Dienstag im Kabinett betont, dass die Staatsregierung dem Volksbegehren ein eigenes Konzept entgegensetzen und es Änderungen am G8 geben müsse. Sein Konzept könnte sich auf die Eckpunkte des Lehrerverbandes stützen.
Derweil haben die Freien Wähler fast 27000 Unterschriften für die Wiedereinführung von G9 eingereicht. Das Volksbegehren sei seiner Meinung nach zulässig, so Seehofer. Schon im Juni oder Juli könnte die zweiwöchige Eintragungsfrist beginnen.
„Ich glaube aber, dass Seehofer es gar nicht so weit kommen lassen wird“, sagte Hubert Aiwanger (FW). Er gehe davon aus, dass der Ministerpräsident schon vor der Unterschriftensammlung ein eigenes Konzept vorstelle. Auch Kultusminister Ludwig Spaenle scheint sich darauf einzustellen, hatte auch er schon angekündigt, das Konzept der Lehrer genau zu prüfen. „Wir suchen mit der gymnasialen Schulfamilie das Gespräch“, sagte er gestern.
Das Konzept der Freien Wähler lehnt der Philologenverband „in ganz weiten Teilen Bayerns als nicht realisierbar“ ab. Diese wollen G8- und G9-Schulen und -Klassen parallel möglich machen. Auch ein „Abitur der zwei Geschwindigkeiten“, wie es die Grünen wollen, lehnt der bpv ab. Ein solches Modell könne das Problem der vollgepackten Mittelstufe nicht lösen.
Deshalb streben die bayerischen Lehrer nun einen breit angelegten Gymnasialkongress noch vor der Sommerpause an. Schmidt: „Wir brauchen ein Art Schulkonsens.“ Ziel sei es, möglichst viele Gruppen für das bpv-Konzept zu gewinnen. Wenn es keinen breiten Konsens gebe, könne man den Streit nicht beenden.