„Das Männleinlaufen muss etwas Besonderes bleiben!“
Seit 500 Jahren drehen die Kurfürsten Punkt 12 Uhr mittags ihre Runde um den Kaiser – die AZ-Umfrage ergab: Daran soll sich nichts ändern, meinen die meisten.
NÜRNBERG Vier Minuten dauert das Schaulaufen der sieben Kurfürsten um Kaiser Karl IV. in luftiger Höhe am Giebel des Michaelschors der Nürnberger Frauenkirche. Immer um 12 Uhr mittags zieht es seit Jahrhunderten Besucher in Scharen an.
Wird das vor rund 500 Jahren installierte Spektakel künftig öfter am Tag staffinden? Anfragen gab es bereits von Fremdenführern und Tourismusverbänden an das zuständige Hochbau-Amt. Wie das dann wäre, konnten Hauptmarkt-Händler und Anwohner bereits erfahren. Denn: Seit zwei Wochen wird das Männleinlaufen elektronisch gesteuert. Was nicht ohne Pannen ablief. So bewegten sich die zwei Fanfaren, läuteten die Glocken und kreisten die Figuren in ihren prachtvollen Gewändern die letzten Wochen mehrmals am Tag auf der Empore.
Was im Umfeld nicht gerade Begeisterung auszulösen schien. Und auch im Hochbauamt ist man besorgt wegen der Mehrbelastung der Mechanik. Die Meinungen sind jedenfalls sehr unterschiedlich, wie eine Umfrage der Abendzeitung ergab.
"Einmal täglich reicht"
„Dieses Männleinlaufen hat uns sehr gut gefallen“, stellten der Ingenieur Takuhiro Kinoshita und seine Ehefrau Aya (beide 28) aus Nagoya fest. „So etwas gibt es nur selten in unserem Heimatland Japan. Aber einmal am Tag, wie jetzt um 12 Uhr, ist doch genug. Dieses Spektakel soll ja schließlich etwas Besonderes in der Nürnberger Altstadt sein, aber das ist es dann nicht mehr, wenn es plötzlich öfter stattfindet.“
Nicht jeder kommt pünktlich
„Wenn es dieses Schauspiel öfter gäbe, wäre das ganz gut“, fanden Mandy (35) und Marcus Mielke (40) aus Bonn. „Wir haben es gerade um 12 Uhr ansehen können, aber das war Zufall, denn wir sind eben erst in Nürnberg angekommen. Aber wenn diese Figuren öfters am Tag gezeigt würden, wäre das doch ein guter Service für die Touristen, die nicht immer pünktlich mittags am Hauptmarkt eintreffen.“
"Viele Touris sind eh nur ein, zwei Stunden da"
„Es ist natürlich schade, dass viele Touristen das Männleinlaufen nicht mitkriegen“, weiß Andrea Ulrich von den Nürnberger Altstadtfahrten, „aber viele sind eh nur ein bis zwei Stunden da in der Altstadt. Aber wenn die Kurfürsten auf der Frauenkirche fast stündlich um den Kaiser kreisen würden, wäre das ja kein besonderes Erlebnis mehr, wie es jetzt ist.“
Wenn die Männlein öfter laufen, geht alles aus dem Takt
"Tradition ist wichtig", findet Willi Kohl (59), Blumenhändler am Hauptmarkt. "Man sollte die alten Werte und Gebräuche behalten, sonst wird' s langweilig und zugleich nervig, wenn's öfter läutet. Die Männlein sind ja die letzten Tage schon vier bis sechsmal gelaufen - und jeder hat sofort auf seine Uhr geschaut, weil's ja nicht 12 war,"
cis