Das Jahr des Hecking

Eine erfreuliche Bilanz: Klassenverbleib geschafft, Mannschaft erfolgreich neu strukturiert, System geändert und so für mehr Stabilität gesorgt
NÜRNBERG Dieter Hecking und der Club – das passt! Dank seiner manchmal etwas knorrigen, aber dadurch auch angenehm authentischen Art hat der Westfale bei den FCN-Fans längst einen Stein im Brett. Und sportlich hat der 46-Jährige in seinem ersten Jahr als Club-Trainer mehr vorzuweisen hat, als viele seiner Vorgänger.
Und zwar 19 Punkte inklusive Klassenverbleib in der Rückrunde 2009/2010, in der abgelaufenen Hinserie waren es noch drei Zähler mehr. Das ergibt bei 34 Partien einen Schnitt von 1,2 Punkten pro Spiel. In den letzten zehn Jahren war nur Hans Meyer (75 Spiele/1,36 Punkte) erfolgreicher. Die restliche Erstliga-Gilde wie Klaus Augenthaler (64/1,00), Wolfgang Wolf (49/0,90) Thomas von Heesen (17/1,06) und Michael Oenning (17/0,71) schneidet da deutlich schlechter ab. Somit zählt Hecking zu den erfolgreichsten Trainern der jüngeren Club-Geschichte (siehe Tabelle). Die AZ erklärt warum:
Mit Ekici und Schieber haben Hecking & Co. echte Volltreffer gelandet
Transfers: Werden laut FCN-Organigram von Sport-Vorstand Martin Bader abgewickelt. Allerdings stimmt sich Bader bei Verpflichtungen eng mit Hecking und Chefscout Christian Möckel ab. Und die Bilanz des Trios kann sich sehen lassen. Die im letzten Winter für die Rückserie von den Bayern ausgeliehenen Andi Ottl und Breno waren maßgeblich am Klassenverbleib beteiligt. Beide wurden in dieser Saison mit Per Nilsson und Timmy Simons nahezu gleichwertig ersetzt. Mit Bayern-Leihgabe Mehmet Ekici hat der Club zudem endlich eine echte Standard-Waffe im Kader. Und Leasing–Stürmer Julian Schieber vom VfB Stuttgart ist mit vier Toren und sieben Vorlagen als Solo-Spitze ein Volltreffer.
Taktik: Unter Oenning eher ein Fremdwort. In jedem Spiel ein neues System. Da musste die Mannschaft irgendwann rebellieren. Hecking erkannte sofort, dass dem Team neben Qualität vor allem Sicherheit fehlt, stellte deshalb auf ein defensiv ausgerichtetes 4-2-3-1-System mit zwei Sechsern vor der Abwehr um. Mit Erfolg. Seine Profis ermauerten sich den Klassenverbleib und waren in dieser Saison dank ihres variablen 4-1-4-1-Systems auch gegen finanziell wesentlich besser gestellte Teams wie Schalke (2:1), Stuttgart (2:1) oder Bremen (3:2) erfolgreich.
Keine Extrawürste für Führungsspieler
Stimmung: Das ständige Murren aus der Kabine, das zum Ende von Oennings Amtszeit zu einer extrem leistungsstörenden Geräuschkulisse ausuferte, ist komplett verstummt. Obwohl Hecking seine Spieler nicht mit Samthandschuhen anfasst, bei Larifari-Gekicke platzt ihm schnell der Kragen. Aber, die Fehler werden stets sachlich besprochen und bei Hecking werden alle Profis gleich behandelt. Also keine Extrawürste für Führungsspieler wie Kapitän Andy Wolf oder Javier Pinola. Zudem hat Hecking die Größe, eigene Fehler zuzugeben. So wie bei seinem Fehlversuch mit Dario Vidosic als Rechtsverteidiger beim 1:3 gegen Kaiserslautern.
Fazit: In der Dreiklassengesellschaft Bundesliga sind Heckings 1,2 Punkte pro Spiel mit dem Club ein guter Wert. Zum Vergleich: Bayerns ehemaliger „Projekt-Trainer“ Jürgen Klinsmann kam bis zu seiner Entlassung am 29. Spieltag der Saison 2008/2009 auf 1,8 Punkte im Schnitt, scheiterte aber genau daran, was Hecking bislang geschafft hat: Seine Spieler jeden Tag ein Stückchen besser zu machen. kk
Die komplette Bilanz aller Erst- und Zweitligatrainer des Club lesen Sie in der Print-Ausgabe Ihrer Abendzeitung am Mittwoch, 29. Dezember.