Das große Stühlerücken

MÜNCHEN - Stichwahlen in Bayerns Kommunen und Landkreisen: Die Bürger setzen vielerorts auf neue Gesichter. Die CSU stellt nun den Oberbürgermeister in Augsburg, die SPD in Passau und Würzburg - ein Überblick.
Dieser Abend hatte viele Sieger – aber keine Partei durfte sich als großer Gewinner fühlen: Bei den Stichwahlen in fast 300 bayerischen Landkreisen und Kommunen gestern konnten sowohl CSU als auch SPD wichtige Posten ergattern – mussten aber auch herbe Niederlagen einstecken. Die Bürger wählten vielerorts langjährige Amtsinhaber ab und entschieden sich für neue Gesichter – ungeachtet der jeweiligen Parteifarbe.
CSU-Generalin Christine Haderthauer hatte sich zum Jubeln den richtigen Ort herausgesucht: „Die CSU hat Großstadtkompetenz“, rief sie in Augsburg aus, wo der Verwaltungsjurist Kurt Gribl (43) für die CSU den SPD-Amtsinhaber Paul Wengert vom Rathaus-Chefsessel schubste. Der abgewählte OB, dem viele Bürger Arroganz attestiert hatten, reagierte eingeschnappt: „Das habe ich nicht verdient. Das Ergebnis spiegelt überhaupt nicht den Spielverlauf.“
Zum umgekehrten Machtwechsel kam es in Passau: Dort fegte der SPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Dupper den bisherigen Oberbürgermeister Albert Zankl (CSU) regelrecht aus dem Amt: Dupper erhielt rund 61 Prozent der Stimmen, Zankl nur desaströse 39 Prozent. „Das Ergebnis ist deutlich, da kann man nicht lamentieren, da gibts nichts zu deuteln“, gestand Zankl die Schlappe ein.
Machtwechsel auch in Straubing
Während der junge Studienrat Markus Pannermayr nach 18 Jahren den OB-Sessel in Straubing für die CSU zurückeroberte, durfte die SPD in Würzburg jubeln: Georg Rosenthal gewann die Stichwahl knapp gegen Amtsinhaberin Pia Beckmann von der CSU. In Regensburg indes bleibt alles beim alten: OB Hans Schaidinger (CSU) konnte sich trotz parteiinterner Querelen knapp gegen SPD-Mann Joachim Wolbergs behaupten.
Obwohl die CSU bei den Landräten nur einen Posten hinzugewann – Innenstaatssekretär Jürgen Heike etwa scheiterte in Coburg – äußerte sich Parteichef Erwin Huber zufrieden: Die CSU gehe „gestärkt aus der Kommunalwahl hervor“. Selbstkritischer gab sich Ministerpräsident Günther Beckstein vom fernen Saudi-Arabien aus: „Insgesamt liegen wie im üblichen Leben auch Freud und Leid nahe aneinander“, philosophierte Beckstein. Schmerzhaft für den Regierungschef war das Schwächeln der CSU in seiner mittelfränkischen Heimat: Die SPD hat dort zwar die Städte Schwabach (an die CSU) und Ansbach (an ein buntes Parteienbündnis) verloren, triumphierte jedoch in vielen kleineren Orten: „Es gibt keinen Beckstein-Bonus“, so SPD-Fraktionschef Franz Maget. Besonders bitter für die CSU fiel das Ergebnis in ihrem Stammland Oberbayern aus: Die Partei verlor ausgerechnet in der Region, die als schwarze Trutzburg gilt, fünf der bisher 18 Landkreise.
Erfolge für die Freien Wähler
Grund zur Freude hatten die Freien Wähler: Sie brachten bei den Landrats-Stichwahlen sechs ihrer neun Kandidaten durch. Die Bürger wollten offenbar „in immer stärkerem Maß unverbrauchten und bürgernahen Politikern die Verantwortung übertragen“, freute sich Landeschef Hubert Aiwanger. Die Grünen schafften es dagegen nicht, ihren bundesweit ersten Landratsposten zu erobern: Christian Magerl scheiterte bei der Stichwahl in Freising.