Streit um Erbschaftssteuer: Das sind die Vorschläge

München – Ob und wie empfindlich der Staat im Erbfall zugreifen darf, wird immer mehr zu einem Gegenstand im Bundestagswahlkampf.
Die Vorstellungen gehen diametral auseinander: Die einen wollen die Erbschaftssteuer ersatzlos streichen, die anderen wollen sie sogar noch verschärfen.
Grüne: "Lebensfreibetrag" statt Erbschaftssteuer
Auf dem Tisch liegen inzwischen mindestens fünf verschiedene Vorschläge, wie in Zukunft mit dieser Steuer umzugehen sei. Ein ganz neues Konzept hat kürzlich der Grünen-Parteitag in Wiesbaden beschlossen. Demnach soll an die Stelle der Erbschaftssteuer ein "Lebensfreibetrag" von beispielsweise einer Million Euro treten.
Alles, was darüber hinaus nach dem Ableben eines Menschen an Vermögen - also Immobilien, Aktien und Betriebsgütern - übrig bleibt, soll einer 25-Prozent-Steuer unterworfen werden. Auf "Verschonungsregeln" solle künftig komplett verzichtet werden.

CSU: Grünen-Pläne befeuern Abwanderungspläne von Unternehmen
Für den bayerischen Finanzminister Albert Füracker (CSU) sind die Grünen-Vorstellungen ein absolutes No-Go. Solche Ideen befeuerten Abwanderungspläne von Unternehmen ins Ausland, denn die grünen Vorstellungen gefährdeten viele Arbeitsplätze und würden "den wirtschaftlichen Abschwung weiter befördern". Betriebsvermögen sei schließlich oft in Unternehmen gebunden und nicht liquide.
Außerdem, so Füracker, sei das grüne Konzept verfassungsrechtlich bedenklich, weil es jegliches Verwandtschaftsverhältnis ignoriere und zum Beispiel die Kinder mit x-beliebigen Fremden gleich stelle.
FDP: "Wir sollten endlich aufhören, die Neiddebatte zu führen"
Beim Ex-Ampel-Partner FDP beißen die Grünen ebenfalls auf Granit. Deren Vorschlag setze "die Axt an den deutschen Mittelstand", kritisiert der Haushaltsexperte und Sprecher der bayerischen FDP-Bundestagsabgeordneten Karsten Klein. "Wir sollten endlich aufhören, die Neiddebatte zu führen und stattdessen endlich Leistungsbereitschaft und Vorsorge für kommende Generationen wertschätzen", so der stellvertretende Vorsitzende der Bayern-FDP.
Am einfachsten machen es sich die Freien Wähler. Deren Vorsitzender und Bundestags-Spitzenkandidat Hubert Aiwanger bekräftigte erst am Wochenende auf einem Parteitag in Geiselwind, dass er diese Steuer ersatzlos streichen möchte.
Aiwanger bedient sich dabei der Fundamentalkritik: Der Staat besteuere bereits versteuertes Vermögen zum zweiten Mal.
FDP-Haushaltsexperte Klein kann sich mit dieser Linie anfreunden. Das der Erbschaftssteuer unterworfene Vermögen werde mehrmals versteuert. Würde es verkonsumiert, wäre nichts zu versteuern, aber auch nichts für die Substanz und die Zukunft des Landes getan, so der FDP-Politiker.
Füracker (CSU): "Wir brauchen höhere Freibeträge für Privatpersonen"
Freilich möchte Bayern auf die Möglichkeit, Erben zu besteuern, doch nicht ganz verzichten. Seit 2023 ist gegen die derzeitige Form der Erbschaftssteuer eine Normenkontrollklage des Freistaats beim Bundesverfassungsgericht anhängig.

Zur Begründung wird unter anderem angeführt, dass die Freibeträge seit 2008 nicht mehr erhöht wurden, der durchschnittliche Wert von Immobilien zum Beispiel in Oberbayern seither aber enorm angestiegen ist.
"Wir brauchen höhere Freibeträge für Privatpersonen, damit das Elternhaus an die Kinder vererbt werden kann, ohne dass die Kinder durch die Erbschaftssteuer zum Verkauf gezwungen werden", fordert Finanzminister Füracker.
Regionalisierung der Erbschaftssteuer
Als "beste Lösung" befürwortet der Freistaat eine Regionalisierung der Erbschaftssteuer, um den unterschiedlichen Preisgefügen in Deutschland passend zu begegnen.
Das bedeutet, dass jedes Bundesland selbst entscheiden können soll, ob und wie es Erbschaftssteuern erhebt. Jede politische Initiative Bayerns sei aber "insbesondere von der Ampel-Regierung" abgeblockt worden, weshalb kein Weg an der Klage in Karlsruhe vorbei geführt habe, fügt Füracker hinzu.