Das Dachauer KZ – die Mörderschule der SS

Dachau – mit 41 000 Einwohnern ein florierender Ort. Aber der Name der Stadt bleibt weltweit auch verbunden mit den Nationalsozialisten. Hier errichteten die Nazis vor 75 Jahren ihr erstes großes, dauerhaft angelegtes Konzentrationslager.
von  Abendzeitung
30. April 1945: Bei der Befreiung des KZ Dachau stoßen amerikanische Soldaten auf einen Waggon mit ermordeten Häftlingen.
30. April 1945: Bei der Befreiung des KZ Dachau stoßen amerikanische Soldaten auf einen Waggon mit ermordeten Häftlingen. © dpa

Dachau – mit 41 000 Einwohnern ein florierender Ort. Aber der Name der Stadt bleibt weltweit auch verbunden mit den Nationalsozialisten. Hier errichteten die Nazis vor 75 Jahren ihr erstes großes, dauerhaft angelegtes Konzentrationslager.

Dachau – mit 41 000 Einwohnern ein florierender Ort vor den Toren von München. Im Rathaus ist man stolz auf Wirtschaftskraft und niedrige Arbeitslosigkeit. „Wir haben eine sehr hohe Lebensqualität“, sagt Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU). Aber der Name der Stadt bleibt weltweit auch verbunden mit der Erinnerung an die grauenvollen Verbrechen der Nationalsozialisten. Hier errichteten die Nazis vor 75 Jahren ihr erstes großes, dauerhaft angelegtes Konzentrationslager.

Bereits am 22. März 1933, nur wenige Wochen nachdem Adolf Hitler an die Macht gekommen war, wurden hier die ersten Menschen inhaftiert. Das KZ in Dachau wurde zum Modell für die vielen später errichteten Konzentrationslager. Als Ausbildungsstätte für die Nazi-Schergen wurde es, wie Historiker sagen, zur „Mörderschule der SS“. Hier begann auch die „Karriere“ des berüchtigten Rudolf Höß, des späteren Kommandanten im KZ Auschwitz. Erst am 29. April 1945, neun Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, wurde das Dachau von USTruppen befreit.

„Die SS-Männer, die einige Jahre später den millionenfachen Mord mit Giftgas durchführten, lernten zuerst im Konzentrationslager Dachau, andersdenkende Menschen als minderwertig zu betrachten und sie kaltblütig zu ermorden. Die Umsetzung der nationalsozialistischen Theorien in blutige Realität nahm im Konzentrationslager Dachau ihren Anfang“, heißt es in einem geschichtlichen Abriss des Historikers Prof. Wolfgang Benz und der Leiterin der Dachauer KZ-Gedenkstätte, Barbara Distel.

Nach drei Wochen wurden die ersten Häftlinge ermordet

Die ersten Häftlinge in Dachau waren politische Gegner der Nazis: Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter. Später wurden hier auch evangelische und katholische Geistliche, Zeugen Jehovas, Juden, Roma und Sinti sowie Homosexuelle inhaftiert. Nach Beginn des Krieges kamen Widerstandskämpfer aus anderen Ländern und Kriegsgefangene dazu. Schon drei Wochen nach seiner Errichtung wurden im Dachauer KZ die ersten Häftlinge ermordet.

Im Juni 1933 nahm ein Münchner Staatsanwalt zwar noch Ermittlungen wegen Häftlingserschießungen auf, doch alle Verfahren wurden nach wenigen Monaten eingestellt. Wie viele Menschen im Dachauer KZ in den zwölf Jahren von 1933 bis 1945 ums Leben kamen, lässt sich nicht mehr feststellen. Knapp 32 000 Todesfälle sind in den Lagerunterlagen festgehalten. Aber viele Einzelexekutionen und die Erschießung tausender russischer Kriegsgefangener blieben unerfasst. Die hygienischen Bedingungen und die medizinische Versorgung im Dachauer Lager waren katastrophal.

Nach dem Ausbruch einer Fleckfieber-Epidemie starben allein im Januar 1945 rund 3000 Häftlinge. Hunderte von Gefangenen starben beiMalaria-Versuchen oder anderen medizinischen Experimenten in Dachau. Die Angehörigen erhielten eine Nachricht, auf der als Todesursache Herz- oder Kreislaufversagen angegeben war.

Größte Lagerkomplex

Die arbeitsfähigen Häftlinge wurden zunächst im Straßenbau oder in Kiesgruben als Arbeitssklaven eingesetzt, nach Kriegsbeginn vor allem in der Rüstungsindustrie – so etwa in einem BMW-Werk zur Herstellung von Flugzeugmotoren in München- Allach. Aus den regional verteilten Arbeitskommandos entstand ein System von Außenlagern. Das KZ Dachau war mit bis zu 169 Außenkommandos der größte Lagerkomplex überhaupt. Im April 1945 wollte die SS das KZ wegen der vorrückenden US-Armee evakuieren. Bei dem „Todesmarsch“ von 7000 Gefangenen, die als erste in Richtung Süden geführt wurden, kamen nochmals Hunderte ums Leben. Sie wurden erschossen, sobald sie nicht mehr weiterkonnten, oder starben anHunger, Kälte oder Erschöpfung.

Am 29. April 1945 wurde das KZ Dachau als eines der letzten Konzentrationslager von Einheiten der 42. US-Infanteriedivision befreit. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich rund 32 000 Häftlinge aus 31 Nationen in den überfüllten Baracken und noch einmal die gleiche Zahl in den Außenlagern. Das Sterben hatte mit der Befreiung aber noch kein Ende: Allein im Mai 1945 starben mehr als 2000 ehemalige Gefangene an den Folgen ihrer Haft.

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