Das boshafte Grinsen des Burgherren

Die Freiluft-Konzerte auf Burg Abenberg starteten mit Hut und Roger Cicero, Billy Idol in Bestform und dem Duo Wecker/Wader
von  Abendzeitung
Riskiert eine dicke Lippe – nicht nur beim „Deutschland-Lied“: Billy Idol in Bestform auf Burg Abenberg.
Riskiert eine dicke Lippe – nicht nur beim „Deutschland-Lied“: Billy Idol in Bestform auf Burg Abenberg. © Matthias Hertlein

Burg Abenberg - Die Freiluft-Konzerte auf Burg Abenberg starteten mit Hut und Roger Cicero, Billy Idol in Bestform und dem Duo Wecker/Wader

Unverhofft kommt oft: Kurz vor Ende seines Konzerts auf Burg Abenberg wirft Billy Idol, Punkrocker-Ikone, signierte Pappteller ins Publikum. Vor der Bühne beginnt der Kampf um die Souvenirs der besonderen Sorte – was der Sänger und Entertainer mit dem breiten Grinsen des Burgherrn verfolgt. Idols Gastspiel im Nürnberger Hinterland, ein Zwischenstopp zwischen Donington in England und Athen, war ein Höhepunkt der Open-Air-Saison. Und trotz solcher boshaften Gags: Der Mann hat Charme – wenn auch keine Ahnung von Geschichte.

Sein eingangs angestimmtes „Deutschland, Deutschland über alles“ darf man daher getrost als irrtümliche Geschmacklosigkeit auslegen. Wesentlich stilsicherer zeigt Idol sich danach, als er mit alle seinen Hits und bester Akustik über den Burgplatz fegt. „Flesh For Fantasy“, „To Be A Lover“, „White Wedding“ „Sweet Sixteen“, „Hot In The City“ sind im Gepäck, der „Doors“-Klassiker „L.A. Woman“ darf auch nicht fehlen. Idol ist derzeit in Höchstform, gut bei Stimme, brillant unterstützt von seinem Instrumental-Pendant, Gitarrist Steve Stevens. Der sorgte zwischen Punk und Rock mit unplugged-Einlagen für Melodien.

Fehlen durften freilich nicht altvertraute Idol–Klischees. Kurz vorm finalen „Mony Mony“ legt der 54-Jährige seinen Oberkörper frei und greift, im Trio mit Stevens und Gitarrist Billy Morrison selbst zur Klampfe – 2500 Fans sind aus dem Häuschen. „Wir sehen uns“, verabschiedet sich Idol nach Griechenland. Billy bewegt, nicht nur die Massen. Eigens für ihn und ihren einzigen Gig in Deutschland hatten sich die Ur-Punker von „The Damned“ einfliegen lassen. Im Vorprogramm heizten sie ein und sorgten mit einer Cover-Version von Barry Ryans „Eloise“ für Spaß.

Die Jubiläumswoche auf Burg Abenberg eröffnet hatte Womanizer Roger Cicero, wenn auch vor nur 700 Besuchern, zudem musste der smarte Herzensbrecher gegen die fränkische Feier-Mentalität ankämpfen. Erst nach der Pause kam der Swing in Schwung und mit ihm die Fans. Da blitzen Rogers Entertainer-Qualitäten endlich auf, mit „Fachmann in Sachen Anna“ und einer angenehmen Unplugged-Version von „Nicht artgerecht“ – Hut ab. Auf letzteren verzichteten gestern dafür Konstantin Wecker und Hannes Wader vor 2500 Zuhören. Kritisches Liedgut taugt auch ohne Kopfbedeckung. Fazit: Die Abenberg-Trilogy mit ihrem Konzept passt, die Konzertserie wird fortgesetzt – schon heute mit dem Auftakt des ausverkauften Feuertanz-Festivals. M. Hertlein

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