"Das alte Haus war seine große Liebe"

TRAUNSTEIN - Die Opfer des Unglücks von Stein an der Traun: Peter B. († 45) betreute geistig Behinderte, seine Tochter Sophie (†18) träumte von der weiten Welt.
Mit ihrem dunkelgrünen Yamaha-Motorrad durch Südamerika fahren und anschließend Philosophie studieren – das waren ihre großen Träume. Doch Sophie wird nie mehr auf ihre 125er steigen. Die 18-Jährige und ihr Vater Peter (†45) starben, als der tonnenschwere Fels ihr Zuhause zermalmte.
In diesem Frühjahr hätte Sophie am Johannes-Heidenhain-Gymnasium in Trauntreut in Physik und Latein Abitur gemacht. Zur Vorbereitung waren das hübsche Mädchen und Mitschüler im vergangenen Jahr nach Rom gereist. Sie besuchten das Kolosseum, das Forum Romanum und warfen Münzen in die Fontana di Trevi. Für jedes Geldstück sollte ein Wunsch wahr werden – und Sophie hatte noch so viele Wünsche.
Sie wollte die Band Franz Ferdinand unbedingt einmal live sehen. Sie wollte ihr Abi schaffen – und einmal den perfekten Tag erleben. Wie der aussehen sollte, beschrieb sie im Internet: „Ausschlafen, super schönes Wetter, an der Laufe chillen, abends irgendein super Konzert und danach noch Fete. Dann ganz gechillt einschlafen können, ohne sich Gedanken drüber machen zu müssen, am nächsten Tag noch aufräumen zu müssen.“
Auf einem Foto im Netz ist Sophie bei einer Demonstration gegen Rechtsradikale zu sehen. „Ich hasse Faschismus“, hat sie darunter geschrieben. Eine Ansicht, die Vater Peter B. mit seiner Tochter sicher teilte. Sechs Jahre war er im Kreisverband der Linken in Traunstein aktiv und kandidierte einmal für den Kreistag.
Doch seine wahre Leidenschaft war sein Haus in Stein an der Traun, in dem er auch den Tod finden sollte. „Das alte Haus war seine große Liebe“, erzählt ein Bekannter. Für ihn, Frau Uschi und die Kinder Leon und Sophie war ihr Zuhause, das sie vor 16 Jahren bezogen, auch ein emotionaler Mittelpunkt.
„Er hat jede freie Minute in sein Domizil investiert“, erzählt der Bekannte. Als gelernter Schreiner werkelte Peter B. im Garten und zimmerte Möbel. Seinen Schreiner-Beruf gab Peter B. 2001 auf und ließ sich zum Heilerziehungspfleger ausbilden. Danach arbeitete er beim Wohlfahrtsverband Lebenshilfe in Traunreut und betreute eine Wohngruppe von geistig Behinderten in Seeon.
Annemarie Funke von Lebenshilfe sagt: „Er hatte ein großes Einfühlvermögen – sein Tod ist für uns ein schwerer Schicksalsschlag.“
Natalie Kettinger, Reinhard Keck