CSU und Freie Wähler: In der Spezi-Koalition kracht's

München - Der Dienstag war der Tag der kleinen Nadelstiche. Die Piekser waren Angehörige der Freien Wähler (FW), gepiekst fühlen musste sich die CSU. In mehreren Bereichen gingen die FW auf kalkulierten Konfrontationskurs.
Koalition in Bayern: Ärger bei CSU und Freie Wähler
FW-Fraktionsvorsitzender Florian Streibl hat schon des Öfteren gezielte Akzente gegen die rosa Koalitions-Harmoniesoße gesetzt. Die Freien Wähler seien keine Hurra-Truppe Söders, sagte er einmal.
Und überhaupt: Außer Söder habe die CSU nicht viel zu bieten. "Bei manchen CSU-Ministern weiß man teilweise gar nicht mehr, ob es die überhaupt noch gibt", spottete Streibl. "Wir als Fraktion versuchen weiterhin, uns durch Ideen und Vorschläge zu Wort zu melden. Damit waren wir die ganze Zeit sichtbar. Wo war die CSU-Fraktion in dieser Zeit sichtbar?"
Freie Wähler arbeiten am eigenständigen Profil
Während sich FW-Parteivorsitzender und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger permanent als Lockerer in Pandemie-Angelegenheiten betätigt, arbeitet die FW-Landtagsfraktion am eigenständigen Profil.
Ganz offiziell in einer Pressemitteilung warf der niederbayerische FW-Parlamentarier Manfred Eibl der CSU vor, eine Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs auf dem Lande zu "blockieren". Er berief sich dabei auf einen Passus im Koalitionsvertrag, wonach die Koalition "stillgelegte Bahnstrecken reaktivieren" wolle. Die CSU allerdings beharrt auf den zweiten Halbsatz: "Wo es sinnvoll und möglich ist".
Streit wegen öffentlichen Verkehrsmittel auf dem Land und Pflege
Demselben Koalitionsvertrag ist auch das Versprechen einer "schlagkräftigen Interessensvertretung der Pflegenden" zu entnehmen. Mitte der Legislaturperiode, also jetzt, solle die bereits bestehende "Vereinigung der Pflegenden in Bayern" evaluiert werden.
Die Freien Wähler in Bayern übersetzen das mit "Einrichtung einer unabhängigen bayerischen Pflegekammer". Das bedeutet Zwangsmitgliedschaft und Pflicht-Beiträge - Begriffe, die dem pflegepolitischen Sprecher der CSU-Landtagsfraktion Bernhard Seidenath gar nicht behagen.
Skurriler E-Mail-Verkehr zwischen Fabian Mehring und Martin Sailer
Skurril mutet auch der E-Mail-Schlagabtausch zwischen dem Parlamentarischen Geschäftsführer der Landtags-FW, Fabian Mehring, und dem Augsburger Landrat und stellvertretenden CSU-Vorsitzenden Martin Sailer an. So beschwerte sich Sailer bei Mehring über den überhasteten Aufbau von Corona-Testzentren in den Städten und Landkreisen.
Merkwürdig ist diese Beschwerde, weil sie sich nicht an Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) oder Ministerpräsident Söder, sondern an einen Parlamentarier richtet, der schon seit sechs Wochen die Pannen bei den Corona-Tests anprangert. "Wenn ich als Geschäftsführer der Freien Wähler die Kritik von CSU-Vizes an CSU-Minister zu beantworten habe, wird's schwierig", machte sich Mehring über den CSU-Kollegen lustig.