CSU-Machtkampf: Zieht "Mr. Europa" jetzt die Strippen?
München - Der CSU ist dieser Tage arg gebeutelt. Die Machtfrage schwelt vor sich hin, der Riss zwischen den Lagern wird immer tiefer – und eine Versöhnung lässt auf sich warten. Am Montag soll angeblich alles klar sein, wenn Parteichef Horst Seehofer sich Landtagsfraktion und Parteivorstand erklären will (AZ berichtete).
Ob dieser Stichtag wirklich die große Erlösung bringt und die CSU dann wieder in alter Geschlossenheit in Richtung Landtagswahl marschieren wird, darf als offen gelten. Denn in dieser Woche haben sich die Gräben innerhalb der Partei eher noch vertieft und der große Knall könnte am Parteitag am 15. und 16. Dezember folgen.
Söder, Herrmann - oder doch Weber?
Die Schlüsselfigur in der derzeitigen Entwicklung könnte Manfred Weber sein, der Chef der EVP-Fraktion im Europaparlament. Er wolle Parteichef werden, das sei ein großes Thema eines von ihm maßgeblich initiierten Geheimtreffens am Montag in der Staatskanzlei gewesen, ist aus Parteikreisen zu hören.
Die große Frage ist nun: Tritt Innenminister Joachim Herrmann gegen Markus Söder um die Position des Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl und damit um den Posten des Ministerpräsidenten an? Wirklich klar ist derzeit nichts. Doch die Nachricht von der angeblichen Herrmann-Kandidatur hat in der Fraktion eingeschlagen wie eine Bombe, weiß ein Landtagsmitglied zu berichten.
Herrmann bestätigt nur ein vertrauliches Treffen mit CSU-Chef Horst Seehofer, Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Wirtschaftsministerin Ilse Aigner und Parteivize Manfred Weber. Zugesagt habe er nichts. Ein wirkliches Dementi klingt aber auch anders. Was auffällt: Alle Beteiligten gehören dem Anti-Söder-Lager an.
In der Landtagsfraktion hat Weber derzeit eher schlechte Karten
Dieses habe mit der Geheimabsprache, so heißt es, womöglich das Gegenteil des Gewünschten erreicht. Denn der Frust in der Fraktion sitzt tief. Immer werde man vertröstet, meint ein Fraktionsmitglied. Dann würden doch irgendwelche vertrauliche Treffen anberaumt. Dies alles sei ein falsches Spiel. Zudem sei das Geheimtreffen in der Staatskanzlei an einem Tag angesetzt gewesen, an dem klar gewesen sei, dass Söder nicht in München sein werde. Eingebunden war er jedenfalls nicht.
Und auch Webers Ambitionen sind nicht unumstritten. In der Landtagsfraktion habe er derzeit eher schlechte Karten. Sein Ziel, Söder zu verhindern, kommt nicht überall gut an. Auch ein Interview ist nicht vergessen, in dem er den Abgeordneten dringend empfahl, endlich vom "Wohlfühl- in den Angriffsmodus" zu wechseln. Das hängt ihm noch nach. Für seine Wiederwahl als CSU-Vize sagt ihm so mancher ein eher schlechtes Ergebnis voraus – solches Verhalten wolle man sich nicht ohne Weiteres bieten lassen.
Weiteres Problem: Webers politische Heimat liegt in Brüssel. Für so manchen ist das zu weit weg, um für die CSU Entscheidendes zu erreichen. Wie solle das mit einer Fraktion im Europaparlament funktionieren, dem nur fünf CSUler angehören, fragt ein Parteimitglied.
Doch für immer schließt Weber, dessen Brüsseler Karriere noch nicht am Ende sei, wie manche zugeben, den Wechsel nach Berlin nicht aus. Wenn Herrmann Spitzenkandidat werden sollte und Seehofer den Parteivorsitz aufgebe, so offenbar das Kalkül, wäre sein Weg frei, ins Bundesinnenministerium. Sollte es gar zu einer Unions-Minderheitsregierung kommen, stünden der CSU womöglich noch weitere Ministerien offen.
Vielleicht das Außenamt, das zu Webers bisheriger Arbeit auf europäischer Bühne passen würde?
Lesen Sie hier: "Zerstrittene CSU" - Nur noch 36 Prozent Zustimmung