CSU-Machtkampf: "Das nimmt kein harmonisches Ende"
München - Die AZ hat mit Stefen Wurster gesprochen. Der 37-jährige Professor für Politologie forscht an der Hochschule für Politik München der TU.
Politologe Stefan Wurster.
AZ: Herr Professor Wurster, die CSU wirkt dieser Tage tief gespalten. Das Außenbild ist verheerend, nicht wahr?
STEFAN WURSTER: Das Hauptproblem der Partei ist ihre Zerrissenheit – sowohl inhaltlich als auch personell. Inhaltlich kämpfen der christlich-soziale Flügel, der wirtschaftsorientierte Flügel und der rechtskonservative Flügel miteinander. Der personelle Konflikt ist für jedermann offensichtlich.
Sie meinen den Streit zwischen Ministerpräsident Horst Seehofer und seinem Kronprinzen Markus Söder?
Natürlich. Der Konflikt zwischen den beiden wird kein harmonisches Ende nehmen, dazu sind die Gräben zu tief. Befänden wir uns jetzt am Anfang einer Legislaturperiode, wäre das vielleicht nicht so schlimm, aber 2018 stehen in Bayern eben Wahlen an.
Da peilt die CSU die Verteidigung der absoluten Mehrheit an. Ist das realistisch?
Das ist jedenfalls eine Herkulesaufgabe, denn es buhlen viele Parteien um die Stimmen im bürgerlichen Lager: SPD, FDP, Grüne, Freie Wähler, AfD. Der Grund für diese Vielfalt ist die zunehmende Individualisierung der Gesellschaft.
Zurück zu Seehofer und Söder – wie wird ihr Duell um die Macht die Partei verändern?
Man muss vorausschicken: Sie vertreten unterschiedliche Flügel, Seehofer den christlich-sozialen, Söder den rechts-konservativen. Egal wer sich am Ende durchsetzen wird, der unterlegene Teil dürfte ernsthafte Verwundungen davontragen. Diesen Teil schnellstmöglich für den Wahlkampf zu mobilisieren, also die Partei zu befrieden, wäre essenziell. Und es ist genau diese Integrationsleistung, die Seehofer Söder offensichtlich nicht zutraut.
Glauben Sie, dass Seehofer nach der Abstimmung der Landtagsfraktion pro Söder das Steuer noch einmal herumreißen kann?
Am Sonntag trifft sich noch Seehofers Beratergremium, bestehend aus Edmund Stoiber, Theo Waigel und Barbara Stamm. Die Empfehlung dieser altgedienten CSU-Größen hat sicher Gewicht ...
... aber keinen direkten Einfluss auf Beschlüsse von Landtagsfraktion und Vorstand.
Nein, natürlich nicht. Seehofer will mit der Einsetzung vor allem Zeit gewinnen, frei nach dem Motto: Wenn man nicht mehr weiter weiß, bildet man einen Arbeitskreis. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass die Berater eine dem Fraktionsbeschluss widersprechende Empfehlung abgeben werden. Das würde noch tiefere innerparteiliche Gräben erzeugen. Es bleibt sicher spannend.
Lesen Sie auch: herrmann gegen Söder - Es kann nur einen geben