CSU droht Rausschmiss aus Wildbad Kreuth
Kreuth - Die CSU-Ministerpräsidenten kommen und gehen, aber die Bilder, die am Jahresanfang von der Klausur in Wildbad Kreuth in die ganze Republik gesendet werden, ähneln sich seit 40 Jahren frappierend: Im Schnee, vor der gelben Fassade des ehemaligen Kurbades vergraben die CSU-Oberen ihre Hände in warmen Mänteln oder Jacken und geben kurze Statements in Kameras und Mikrofone. Danach schwenken die Kameras auf die im Wind flatternden Fahnen mit Partei-Logo, auf die Berge im Hintergrund oder auf die Eiszapfen am einstigen Badehaus der Zaren und Könige.
Die CSU und die Tagungsstätte Wildbad Kreuth gehören in der öffentlichen Wahrnehmung zusammen wie Weiß-Blau zu Bayern oder das Hofbräuhaus zu München. Seit 1975 hält die CSU hier ihre alljährliche Klausurtagung ab. Zuerst gehen die Bundestagsabgeordneten in Winterklausur, dann die Fraktionsmitglieder des Landtages.
Hier, am Hang des Hohlensteins südlich des Tegernsees wurde 1976 der Trennungsbeschluss verkündet, mit dem die CSU die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Bundestag aufkündigen wollte. Hier wurde 2007 das Ende der Ministerpräsidenten-Karriere von Edmund Stoiber besiegelt.
Gut möglich, dass die CSU im kommenden Jahr zum letzten Mal zum Januar-Spektakel nach Wildbad Kreuth lädt. Denn die Hanns-Seidel-Stiftung, die den Tagungsort gepachtet hat und der CSU alljährlich vermietet, wird sich das nicht mehr leisten können. Die 1967 gegründete CSU-nahe Stiftung hat das gesamte Gebäude gepachtet. Sie nutzt es ganzjährig als Tagungszentrum. Allein im vergangenen Jahr veranstaltete sie mehrere hundert Seminare mit insgesamt rund 20 000 Teilnehmern.
Der aktuelle, auf zehn Jahre abgeschlossene Pachtvertrag läuft im März 2016 aus. Danach wollen die Eigentümer, die Herzöge des Hauses Wittelsbach, die Pacht drastisch erhöhen.
Bisher hatte die Stiftung einen Schnäppchenpreis von 84 000 Euro im Jahr zuzüglich Gebäudeunterhalt gezahlt. Ab kommendem Jahr stellen sich die Herzöge eine Jahrespacht von 630 000 Euro zuzüglich Kosten für den Gebäudeunterhalt vor. Das entspricht einer Steigerung von satten 750 Prozent. Zudem soll sich die Hanns-Seidel-Stiftung an einer Sanierung beteiligen. „Das ist schon eine extreme Stufe nach oben“, sagte Stiftungssprecher Hubertus Klingsbögl gestern zur AZ.
Ein CSUler mutmaßt, Stiftung und Partei sollten rausgeekelt werden, damit ein Investor den Tagungsort mit eher einfacher Innenausstattung zum exklusiven Erholungsort für Reiche umgestaltet.
Das Thema wurde bei der jüngsten Vorstandssitzung der Hanns-Seidel Stiftung am Montag besprochen. Dabei machten Vertreter der CSU deutlich, dass man sich nicht unter Druck setzen lassen wolle. Doch aufgegeben hat die CSU den emotional besetzten Ort noch nicht – die Verhandlungen sind im Gange. Hubertus Klingsbögl: „Wir verhandeln mit dem Ziel der Einigung und der Verlängerung“.
Aus dem Hause Wittelsbach wollte sich gestern niemand offiziell zu dem exorbitant gestiegenen Pachtzins oder zu den Verhandlungen äußern.
Falls sich die jetzigen Mieter und die Besitzer nicht einig werden, müsste sich die Hanns-Seidel-Stiftung nach anderen Räumen für ihre Veranstaltungen und Seminare umschauen. „Wir sind ja noch im Besitz vom Kloster Banz. Und theoretisch können wir auch in Hotels in Ballungszentren gehen“, sagt Hubertus Klingsbögl. Doch noch wird weiterverhandelt. „Als langjähriger Pächter streben wir eine Lösung an“, so Klingsbögl.
Wildbad Kreuth wurde 1490 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. 1511 wurde das Badehaus unter Abt Heinrich V. von Tegernsee erbaut. 1818 erwarb Maximilian I. Joseph, König von Bayern, zusammen mit dem säkularisierten Kloster Tegernsee auch das Wildbad Kreuth. Hier kurten unter anderen Kaiser Franz Joseph I., die Zaren Nikolaus I. und Alexander I.
Von 1924 bis zu seinem Tod 1960 lebte der Musiker und Volksmusiksammler Kiem Pauli in Wildbad Kreuth. Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Gebäude bei der Kinderlandverschickung von Schulen genutzt.
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