Corona-Lockdown im Berchtesgadener Land: Die Klagewelle rollt
Berchtesgaden - Mehr als 8.700 Euro hat das Reichenhaller Unternehmerforum (Rufo) bereits für eine Klage gegen den Quasi-Lockdown im Berchtesgadener Land gesammelt. Es ist nicht die einzige, die beim Verwaltungsgericht München eingegangen ist, so ein Gerichtssprecher.
So wendet sich ein Gastronom gegen die Schließung seines Betriebes - im Eilverfahren. Ein Gastronomiebetrieb wollte erreichen, dass er entgegen der Allgemeinverfügung des Landratamtes auch nach 20 Uhr Speisen zum Abholen anbieten kann - er war bereits am Freitag damit erfolgreich, wie der BR abends berichtete. Diese Regel ist also passé.
Klage-Welle: Von Schülerin bis Hotelier
Eine Schülerin will in einem Eilverfahren erstreiten, dass sie ihr Gymnasium in Traunstein besuchen darf. Auch ein Steuerberater hat sich mit Klagen und einem Eilantrag an das Gericht gewandt. Am Montag will zudem ein "namhaftes Hotel" Klage und Eilantrag beim Verwaltungsgericht stellvertretend für weitere Unternehmer einreichen.
Welches Hotel es ist, sagt der Vorsitzende des Bad Reichenhaller Unternehmerforums, Mike Rupin, der AZ am Freitag noch nicht.
Corona-Lockdown: "Bevölkerung lässt sich sowas nicht bieten"
"Wir wollen, dass die Verhältnismäßigkeit auf Rechtssicherheit überprüft wird", sagt Mike Rupin der AZ. Wie er die Chancen von Klage und Eilantrag einschätzt: "Wir gewinnen auf jeden Fall!" Selbst wenn der Prozess verloren würde, gehe es ja auch um ein Umdenken in der Politik, dass "sich die Bevölkerung sowas nicht bieten lässt".
Dabei gehe es nicht um Aluhüte, man müsse zurück zu einer Vernunftpolitik, sagt Rupin. Seinen Schilderungen zufolge ist die Situation im gesamten Landkreis "bescheiden": "Die Gastro darf nur noch to go anbieten, aber viele haben Angst um ihre eigene Zukunft, verkriechen sich daheim, da wird nicht viel Essen bestellt", sagt Rupin.
Großer Imageschaden für Berchtesgadener Land
Die Hotels dürften zwar Dienstreisende beherbergen, aber "die machen bei uns nicht mal ein Prozent aus." Andere Gäste stornieren, "bis ins Weihnachtsgeschäft hinein". Der Imageschaden durch den Quasi-Lockdown sei "gigantisch". Der finanzielle Schaden auch.
Während im Frühjahr eine große Solidarität spürbar war, herrschten nun bei vielen Existenzängste. Der Einzelhandel macht kaum Umsätze, "das einzige, was geht, sind Nudeln und Klopapier", sagt Rupin.
Berchtesgadener als Versuchskaninchen
Viele Händler würden ihre Geschäfte kommende Woche ganz zu lassen, denn die Kosten seien höher als die Umsätze. "Und es gibt ja keine Entschädigungen, weil es ja kein richtiger Lockdown ist", sagt Rupin. Die Berchtesgadener fühlten sich wie ein Versuchskaninchen. "Aber das nehmen wir nicht hin. Die Justiz soll jetzt Klarheit schaffen", gibt sich Rupin kämpferisch. Es solle "ein deutlich sichtbares Signal" werden.
Mit dem Eilantrag soll die Aussetzung der Regelungen erreicht werden. Rupin begrüßte auch die weiteren Klagen und Anträge. Jeder sei gewiss mit vertretbaren Einschränkungen einverstanden. Es gehe hier jedoch um den Fortbestand der Wirtschaftskraft.
Unterdessen steigen die Corona-Zahlen in dem Landkreis weiter. Die Sieben-Tage-Inzidenz erhöhte sich auf 292,65.
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