"Chemischer Fußabdruck" in Alpenluft: Verbote wirken

«Chemischer Fußabdruck» in der reinen Luft der Alpen: Auch dort gibt es gefährliche Stoffe. Sie werden mit Luftströmungen weltweit verbreitet. Forschungen zeigen nun: Teils sorgen Verbote für Rückgänge, teils steigt die Konzentration sogar.
dpa |
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Monitoring von Schadstoffen in den Alpen. Foto: Angelika Warmuth/dpa
dpa Monitoring von Schadstoffen in den Alpen. Foto: Angelika Warmuth/dpa

München (dpa/lby) - Schwer abbaubare Schadstoffe sind auch fernab von Industrie und Großstädten in entlegenen alpinen Gebieten nachweisbar. Verbote zeigen teils Wirkung, wie Luftmessungen deutscher und österreichischer Forscher an der Zugspitze und in den Hohen Tauern belegen. Pestizide wie etwa DDT gingen zurück, erläuterten die Wissenschaftler am Mittwoch in München bei der Vorstellung 15-jähriger Messungen. Die Daten zeigen aber auch, wie schwer die Ausbreitung langlebiger Stoffe oft in den Griff zu bekommen ist: Polychlorierte Biphenyle (PCB) nehmen nicht ab, obwohl sie seit den 1970er Jahren nicht mehr produziert werden. Manche Verbindungen treten sogar häufiger auf.

Bei dem Projekt PureAlps waren an der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus an der Zugspitze (2650 Meter) und am Sonnblick Observatorium (3106 Meter) seit 2005 rund hundert Schadstoffe untersucht worden. Sie entweichen aus Alltagsprodukten, bei industriellen Prozessen, Verbrennung oder Schädlingsbekämpfung und werden mit Luftströmungen weltweit verbreitet. 35 Prozent der untersuchten Schadstoffe in der Luft gingen signifikant zurück, bei vier Prozent wurden aber steigende Konzentrationen gemeldet.

"Die Alpen sind unser Frühwarnsystem für globale Schadstoffe", sagte Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler). Die Daten ließen frühzeitig erkennen, bei welchen Stoffen Handlungsbedarf bestehe. In der Kälte - in der Arktis, der Antarktis, aber auch den Alpen - schlagen sich die Stoffe durch Kondensation besonders nieder. Auch deshalb hätten die Daten globale Bedeutung.

Lokale Verbote helfen nichts. "Wir müssen global tätig werden", sagte Projektleiter Korbinian Freier. DDT aus den Tropen, wo es weiter zur Malariabekämpfung eingesetzt werde, werde bis in die Alpen getragen.

"Die Ergebnisse dieser Messungen sind Beleg für den Ferntransport von derartigen Schadstoffen auch in entlegene Gebiete", sagte Claus Kumutat, Präsident des Bayerischen Landesamtes für Umwelt. Früher seien viele gefährliche Substanzen sorglos eingesetzt worden. "Wir waren begeistert von den Stoffen." Deshalb sei die Zulassung heute "das A und O". "Die Ergebnisse unseres Monitorings liefern die Grundlage für regulatorische Maßnahmen zur Risikominimierung", sagte Monika Mörth, Geschäftsführerin des Umweltbundesamtes Österreich, die "für eine schadstofffreie Gesellschaft" warb.

Vor allem PCB, als Weichmacher und Flammschutzmittel beispielsweise in Fugendichtungsmassen älterer Gebäude enthalten, machen den Forschern weiter Sorgen. Obwohl seit langem verboten, schwankten die Messergebnisse - und zeigten für manche Verbindungen sogar Zunahmen. Auch bei Dioxinen, die unter anderem bei Verbrennung entstehen, stellten die Forscher nur schwache Trends einer Abnahme in der Luft fest. Das Insektenvernichtungsmittel Endosulfan sank hingegen nach dem Verbot in der EU und in der Stockholm-Konvention binnen 15 Jahren um 96 Prozent. Dass aber auch neue Stoffe nachgewiesen wurden, zeige, dass die vorsorgende Regelung für umweltrelevante Chemikalien noch nicht vollständig ausgereift sei, hieß es. Bei Flammschutzmitteln etwa gebe es Abnahmen nach Verboten, aber Zunahmen bei neuen Stoffen.

Noch ausgewertet werden per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC), die unter anderem aus der Herstellung wasser- und schmutzabweisender Beschichtungen stammen. In dem kürzlich gestarteten Projekt "Optimon" werden die Messungen fortgesetzt. Ein weiteres Projekt soll Wirkungen chemischer Schadstoffe auf wildlebende Insekten im Alpenraum erfassen.

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