"Chabos wissen": Häme für den "Babo" von der CSU

Anzug mit Krawatte und perlweißes Lächeln: Fabian Giersdorf, Student der Rechtswissenschaften, kandidiert im fränkischen Roth bei den Kommunalwahlen nächsten Monat. Und um seine Zielgruppe zu erreichen legt sich der 23-jährige Politiker ins Zeug. „Gerade haben wir mein erstes DinA1 Plakat aufgehangen - ich bin hocherfreut“, postet er am Wochenende auf Facebook, Plakat anbei.
Seitdem ist Fabian Giersdorf dem Spott der jungen Netzwerk-Nation ausgeliefert.
Das Plakat: Ein schüchtern wirkendes Lächeln, darunter ein Zitat aus dem Song des Rappers „Haftbefehl“: „Chabos wissen, wer der Babo ist“.
Eine Zeile, die zum geflügelten Wort geworden ist, Babo ist das Jugendwort des Jahres und hat einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Übersetzt heißt es in etwa: „Die Jungs wissen, wer der Boss ist.“
Auszüge des Songs des Rappers zazaisch-kurdischer Abstammung, mit dem der junge CSU-Politiker für sich wirbt, sind hier wegen drastischer Sprache und Beleidigung von Müttern nicht druckbar. Momentan hat das Plakat des Kommunalpolitikers aus Roth über 2000 Likes, ist über 1300 geteilt worden und genauso oft kommentiert – hauptsächlich mit Spott und Häme.
„Ok, die große Pause ist echt zu lang, wenn sowas dabei rauskommt“
„Ist das deine Bewerbung fürs Dschungelcamp 2015?!“
„Ja und, Chabo Fabian, wer ist denn dein Babo? Mami oder Seehofi?“
„Ganz schön markiger Spruch für jemanden, der volljährig noch Kinderschokoladegesicht werden könnte“
„Man macht es der Heute Show echt zu einfach“
„Was habt ihr denn. Frauenfeindlichkeit, schlechtes deutsch, illegale Deals, unmoralisches Handeln, das verkörpert die CSU doch schon immer“
„Ist das ein Fake?“
Ein nicht enden wollender Shitstorm. Der Rapper „Haftbefehl“, der den Spruch geprägt hat, versteht wenig Spaß: „Ich frage mich, wie man meinen Songtitel ausnutzen kann, um neue Wähler für sich zu gewinnen? Abgesehen davon wurde bei mir nach keiner Freigabe gebeten! Herr Giersdorf - die Tage erhalten Sie Post von uns...“ veröffentlichte er jetzt auf seiner Facebook-Seite.
„Mir geht es momentan nicht gut“, sagt Giersdorf, als die AZ ihn am Telefon erreicht. „Weil sich viel auf der persönlichen Ebene abspielt, meine Freunde und meine Familie beleidigt werden.“
Augenzwinkernd wollte er junge Leute in Roth mit seinem Plakat auf Kommunalpolitik aufmerksam machen, statt Sprüche wie „Sicherheit für Roth“ unter seinen Namen zu setzen. „Mit dieser Reaktion habe ich überhaupt nicht gerechnet.“ Er bekomme aber auch Zuspruch, "manche loben meinen Mut und üben konstruktiv Kritik."
Sorgen macht er sich jetzt, seiner dreijährigen Tochter mit dem Spaß geschadet zu haben, und wegen der Ankündigung des Rappers: „Für mich ist das Zitat losgelöst von dem Song, von dem ich mich distanziere, gültig, es ist mittlerweile in die Jugendsprache übergegangen.“
Die Erstsemester im Jura-Tutorium, das er gibt, hätten ihn aus Dankbarkeit halb scherzhaft ihren „Babo“ genannt, „und es heißt ja auch Papa, was ich bin – für mich hat das gepasst.“
Im Netz dagegen wird er weiter als Bubi-Boss verlacht.
Auch wenn Giersdorf an der Häme zu schlucken hat, versucht er der Sache noch Positives abzugewinnen: „Wenn jetzt mehr junge Leute zu den Kommunalwahlen gehen, und sei es, dafür zu sorgen, dass nicht ich gewinne – dann hat sich die Aufmerksamkeit wenigstens gelohnt.“ Er will sich jetzt wieder auf Inhalte konzentrieren.