Bürokraten-Irrsinn: EU verbietet unsere Schlachtschüssel!
Metzger und Politiker schlagen Alarm: Eine neue Regelung aus Brüssel gefährdet die fränkische Spezialität – und ist ein Frontalangriff auf Frankens Wirtshauskultur
NÜRNBERG Der fränkischen Schlachtplatte droht das Aus! Wieder einmal. Und wieder sind es die Bürokraten der Europäischen Union, die Kesselfleisch, Blut- und Leberwürste von der Speisekarte verbannen wollen. Und damit einen Generalangriff auf die Wirtshauskultur starten.
Zuerst waren es die strengen Hygieneauflagen, die die EU selbstschlachtenden Handwerksbetrieben und Gasthöfen auferlegt hatte. Viele Betriebe haben hier mit hohem finanziellen Aufwand nachgerüstet, um weiterhin die beliebte Schlachtschüssel anbieten zu können. Die Spezialität schien gerettet.
Doch jetzt hat eine neue Regelung der Brüsseler Bürokraten Herbert Eckstein (SPD) aufgeschreckt. Der Landrat im Landkreis Roth ist auch Chef der mittelfränkischen Landräte. Es geht um die Akkreditierungspflicht der Trichinenuntersuchungsstellen. „Diese Bestimmung bedroht die fränkische Schlachtschüssel“, sagt Eckstein. „Ich halte sie für unverhältnismäßig.“
Darum geht’s: Schweinefleisch muss nach dem Schlachten auf Trichinen untersucht werden. Das sind winzige Fadenwürmer, die den Menschen schädigen können. Zur Untersuchung wird eine Fleischprobe mit Verdauungsenzym und Salzsäure vermischt. Nach zwei Stunden kann der Tierarzt im Mikroskop feststellen, ob das Fleisch belastet ist.
Daran soll sich auch nichts ändern. „Die Gesundheit der Verbraucher hat Vorrang“, sagt Manfred Seitz, Obermeister der Nürnberger Fleischerinnung. „Die Regelung macht es den Kollegen am Land sehr schwer.“ Denn die Trichinenlabors müssen nun ein Zertifikat vorweisen. Das bürokratische Verfahren kostet 5000 Euro. Zudem werden jedes Jahr ähnlich hohe Folgebeträge fällig. Nur für die Bürokratie! „Die Labors untersuchen das Fleisch ja schon bisher. Technisch ändert sich ja nichts“, sagt Markus Kaiser von Landratsamt Roth.
Im Landkreis Roth etwa gibt es sechs Labors in Praxen von Tierärzten, die Fleisch auf Trichinen untersuchen. „Durch das teure Verfahren wird sich die Anzahl der Labors erheblich verringern“, sagt Eckstein. Und damit wird es für die Schlachtschüssel-Betriebe immer schwieriger, ihr Fleisch untersuchen zu lassen.
„Kochwürste, Kesselspeck und Waren, die aus schlachtwarmen Fleisch hergestellt werden, müssen ab 11 Uhr verkauft werden. Sonst lohnt es sich nicht“, sagt Kaiser. Die Untersuchung muss vorher abgeschlossen sein. „Wenn die Fahrwege zum Labor immer länger werden, dann können die Wirte den Zeitplan nicht mehr einhalten“, sagt Kaiser. Dann werden sie die Schlachtschüssel von der Karte streichen.
Michael Reiner