Bürger-Tradition trotzt der NPD

Die Rechtsextremisten wollten einen Gasthof aus 15. Jahrhundert in Würzburg kaufen – und scheiterten doch noch.
von  Abendzeitung

Die Rechtsextremisten wollten einen Gasthof aus 15. Jahrhundert in Würzburg kaufen – und scheiterten doch noch.

WÜRZBURG Die Aufmerksamkeit zweier Schwestern hat verhindert, dass eines der renommiertesten Würzburger Gasthäuser in die Hände der rechtsradikalen NPD fällt. Die Geschichte des mitten in der Innenstadt liegenden Gasthofes mit Hotel „Zur Stadt Mainz“ reicht zurück bis ins 15. Jahrhundert, seit 100 Jahren ist es im Familienbesitz. Aus Altersgründen wollen die Schwestern Schwarzmann und ihre Mutter das Geschäft aber nun aufgeben. Die Gaststätte ist geschlossen, nur der Hotelbetrieb geht im Moment noch normal weiter.

Was die Rechtsradikalen auf den Plan rief. „Da sind immer zwei Männer gekommen, die wollten das Haus unbedingt kaufen, damit es in deutscher Hand bleibt“, berichtet die 65 Jahre alte Anneliese Schwarzmann. Dabei habe es sich um zwei örtliche Handwerker gehandelt, mit denen sie bislang aber noch nie etwas zu tun hatten. Sie hätten zunächst angerufen und einen Termin vereinbart, um die Veranstaltung eines Liederabends für 100 Teilnehmer zu besprechen. Beim Rundgang hätten die Männer dann die Räumlichkeiten gelobt und erwähnt, dass sich daraus schöne Schulungs- und Tagungsräume machen ließen. Schließlich machten sie ein Kaufangebot. Geld spiele keine Rolle.

„Wir können doch unsere Seelen nicht verkaufen“

Dann verfolgten die Schwestern allerdings ein Gespräch zwischen den beiden Kaufinteressenten, in dem der Name Jürgen Rieger aus Hamburg fiel. „Wir haben Verdacht geschöpft und im Internet recherchiert“, erklärt die 60-Jährige Margarete Schwarzmann.

Als sie die beiden Handwerker bei einem zweiten Treffen fragten, ob sie von der NPD beauftragt seien, räumten diese dies ein. Obgleich der Preis verlockend gewesen sei, lehnten die Frauen ab.

„Wir können doch unsere Seelen nicht verkaufen“, sagt Anneliese Schwarzmann. Sie erzählt von ihrem Vater, der von Nazis wegen kritischer Flugblätter verfolgt worden sei und mit dem Fahrrad nach Italien flüchten musste. Zudem hätten viele Freunde der Familie, speziell Juden, unter dem braunen Terror gelitten.

Das Landesamt für Verfassungsschutz in Bayern bestätigt seit längerem laufende Aktivitäten der NPD auf dem Immobilienmarkt: „Die haben ein Interesse daran, sich einen Stützpunkt zu schaffen.“ Etwa in Warmensteinach, wo Neonazis einen Gasthof erwerben wollen.

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