Bub (13) nach Wodka-Rausch in der Klinik!

NÜRNBERG - Zwei Streifenbeamte, die Mittwochnacht in Gostenhof unterwegs waren, stutzten beim Anblick dieses Zechers: Er war sternhagelvoll – und viel zu jung. Die Polizisten fragten ihn nach seinem Alter. „13“, sagte der Junge. Und dass er Wodka getrunken hätte. Er kam auf 1,5 Promille. Ein Elternhaus, in dem er hätte abgeliefert werden können, gab es nicht – der Junge lebte in der Jugendschutzstelle. Das ist die städtische Notaufnahme für Jugendliche in Krisensituationen.
Welches Schicksal den Bub nach Nürnberg verschlagen hat, unterliegt dem Datenschutz. Sicher ist: Ein anderes Jugendamt hatte die Nürnberger Kollegen um Hilfe gebeten. Der Junge und seine Pflegeeltern kamen nicht mehr klar. Er brauchte schnell ein Dach über dem Kopf. Deshalb wurde er Anfang der Woche in die Jugendschutzstelle in der Reutersbrunnenstraße in Gostenhof gebracht.
Frank Schmidt, im Jugendamt Bereichsleiter für Soziale Dienste: „Das funktioniert wie die Notaufnahme im Krankenhaus. Von dort aus werden die Fachstellen angesteuert.“ Die Kids kommen wegen Misshandlungen, Krisen – oder weil sie ausgerissen sind. „Die Kinder gehen in die Schule, haben mit Nachmittags-Angeboten einen strukturierten Tagesablauf.“ In dieser Zeit wird versucht, an sie heranzukommen – mit Gesprächen, in die oft auch Eltern oder Lehrer einbezogen werden.
Alkoholvergiftung
Doch das war nichts für den 13-Jährigen. Er ging am Mittwoch stiften – und in der Innenstadt saufen! Der Betrunkene kam auf die Dienststelle, übergab sich mehrmals: Alkoholvergiftung, Klinik. Schmidt kennt die harten Fälle: „Es gelingt fast immer, auf die Kinder pädagogisch einzuwirken. Manchmal aber nicht. Manche kann man nicht halten.“
Nach der Ausnüchterung ist der Junge nun zurück in der Reutersbrunnenstraße. „Wir versuchen, einen geeigneten Platz für ihn zu finden.“ Ein Jugendheim, eine Gruppe oder eine Pflegefamilie. Der Fall erschreckt auch Profi Schmidt: „Dass ein 13-Jähriger mit 1,5 Promille noch stehen kann, zeigt Alkoholgewöhnung. Wir hoffen, dass wir einen Zugang zu ihm finden. Das ist eine Herausforderung für die Jugendhilfe.“
Wie notwendig die ist, zeigen diese Zahlen: 2007 fanden 185 Kinder zwischen 12 und 17 Jahren Schutz in der Jugendschutzstelle. In der Kindernotwohnung wurden 128 Drei- bis Zwölfjährige untergebracht. Auch sie waren meist Opfer häuslicher Gewalt oder Vernachlässigung wie die 63 unter Dreijährigen, die in Betreuungsfamilien aufgenommen wurden. Mehr als die Hälfte dieser Kinder kam zu den Eltern zurück.
S. Will