Brenner-Streit und Rechtsrutsch in Österreich: Welche Konsequenzen das für Bayern hat

Österreich und Bayern arbeiten wirtschaftlich eng zusammen. Wenn da nicht der Brenner wäre. Ein Treffen von Wirtschaftsvertretern zeigt einen tiefen Spalt.
von  Heidi Geyer
Auf der Europabrücke der Brennerautobahn.
Auf der Europabrücke der Brennerautobahn. © dpa

München – Das Land der Berge, wie es in der Bundeshymne heißt, und Bayern sind eng miteinander verbandelt; auch wirtschaftlich. Österreich ist der zweitgrößte Handelspartner Bayerns, über Direktinvestitionen bestehen ebenso enge Verflechtungen. Aus diesem Grund hat die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) zu einer Podiumsdiskussion nach München eingeladen.

Der Deutschen liebstes Land

Auf der Bühne ist viel Einigkeit zu spüren: Dass Österreich das Lieblingsland der Deutschen ist, zumindest von 92 Prozent, berichtet Claudia Plakolm (ÖVP), Staatssekretärin für Digitalisierung im österreichischen Bundeskanzleramt.

Andersrum sieht es etwas anders aus, aber das umschifft die 29-Jährige elegant. Selbst die Bierkrüge am Oktoberfest kommen aus Österreich, sagt Plakolm.

"Wenn's Bayern schlecht geht, ist es auch für euch eine Katastrophe", sagt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer des vbw.

Ähnliche Probleme

Die Probleme in Wirtschaft und Industrie sind auf beiden Seiten der Grenze ähnlich: Zu hohe Energiepreise, zu viel Bürokratie, die EU mit all ihren Wirrungen, berichten sowohl Brossardt als auch Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich, und Claudia Mischensky, Vize-Generalsekretärin der Vereinigung der Österreichischen Industrie.

Es nicken viele Köpfe bei dieser Podiumsdiskussion. Anders als in den Talkshows, die Brossardt fast gar nicht mehr ertragen kann, wie er sagt. "Das Grunddilemma unseres Landes: Jeder ist immer gegen irgendwas", sagt er etwa mit Blick auf das Thema Energie. Auch die Wahlergebnisse und das gute Abschneiden der AfD in Sachsen und Thüringen machen Brossardt Sorgen. Das sei ganz klar ein Standortnachteil angesichts des Wettbewerbs um die Fachkräfte.

Was droht bei den Nationalratswahlen? 

Dass in Österreich in vier Wochen gewählt wird und alles auf einen Erdrutschsieg der FPÖ zuläuft, ist am Mittwoch kein Thema im Haus der Bayerischen Wirtschaft. Im Gegenteil, Plakolm spricht sogar davon, dass die "stabilen politischen Verhältnisse" ein Standortvorteil für Österreich seien. Bei 27 Prozent sehen die Umfragen die Freiheitlichen, die ÖVP nur bei 24 Prozent. Der nächste Kanzler könnte Herbert Kickl (FPÖ) heißen.

Ungemütlicher wird es auf Nachfrage der AZ dann doch beim Thema Transitstreit über den Brenner. Denn die Blockabfertigung und das Nachtfahrverbot sind der bayerischen Wirtschaft ein Dorn im Auge. "Unsere österreichischen Freunde werden halt erleben, dass sie Gerichtsurteile fangen", sagt Brossardt im Hinblick auf die EU-Klage Italiens gegen jene Einschränkungen.

Knatsch um den Brenner

Die österreichischen Wirtschaftsvertreter zucken kurz. Brossardt fängt die Situation auf, spricht von den Anwohnern in Wipp- und Inntal, für die er viel Verständnis habe. Und verweist auf die Probleme mit dem Brenner-Nordzulauf in Bayern. "Unsere Südtiroler Freunde haben das schon gut erledigt, aber wir kriegen nicht mal die Umfahrung von Rosenheim hin", sagt Brossardt.

Holetschek mahnt Einschränkungen an

Betont diplomatisch gibt sich Plakolm, man müsse an einer gemeinsamen Lösung arbeiten beim Brenner, etwa durch ein Slotsystem. Die Blockabfertigung sei "nur eine Notmaßnahme". Das unterstützt auch Klaus Holetschek (CSU), Fraktionschef im Bayerischen Landtag. "Das heißt aber auch, dass die Kapazitäten zur Verfügung stehen müssen", sagt Holetschek und nennt Einschränkungen durch das Nachtfahrverbot, aber auch die Sanierung der Luegbrücke, die noch hinzukomme.

Bayern und Österreich - so eng die beiden Länder sind. In mancherlei Hinsicht verbindet sie eine Hassliebe.

 

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