Braucht's noch Monarchien, Königliche Hoheit?

Der Mann, der König von Bayern wäre, wird 80. In der AZ spricht er über seine Rolle als Chef der Wittelsbacher, über Geld vom Staat und über seine Hilfe für Griechenland
München Königliche Hoheit ist dann mal weg. Herzog Franz von Bayern weilt für ein langes Wochenende im nahen Ausland. So wie schon die letzten Jahre an seinem Geburtstag. Am Sonntag wird der Chef des Hauses Wittelsbach, der Bayerns König wäre, wenn es noch eine Monarchie gäbe, 80 Jahre alt. Der große Empfang findet am Montag, 22. Juli, im Schloss Schleißheim statt. Im Herbst war der kinderlose Junggeselle an Lymphdrüsenkrebs erkrankt. Die Chemotherapie hat er gut überstanden, er muss sich aber noch schonen. Das Interview führte er schriftlich.
AZ: Sie verkörpern mit Ihrem Namen dieses schöne Land. Wo sehen Sie Gefahren für Bayern?
HERZOG FRANZ VON BAYERN: Bayern und meine Familie sind durch den in Jahrhunderten gewachsenen Respekt miteinander verbunden. Wir haben uns gegenseitig geprägt und ich bin sehr glücklich, dass diese gute Beziehung auch 95 Jahre nach dem Ende der Monarchie so lebendig ist. In gewisser Weise teile ich die Sorge meines Großvaters, Kronprinz Rupprecht von Bayern und meines Vaters Herzog Albrecht von Bayern, dass Bayern durch politische Gleichmacherei in einem Staat mit zunehmend zentralistischen Tendenzen und Kompetenzen seine Eigenart und seine politische Bedeutung verlieren könnte.
Wenn Sie auf die Monarchien in den europäischen Ländern schauen – halten Sie diese für zeitgemäß?
Diese Frage stellt sich mir so nicht. Die letzten 60 Jahre haben gezeigt, dass die europäischen Monarchien keinen schlechteren Weg genommen haben als die Länder ohne Monarchen. Es gibt Länder, in denen der König oder die Königin eine große moralische Autorität besitzen, die das Land zusammenhält. Belgien, Dänemark und die Niederlande scheinen mir gute Beispiele dafür zu sein. Ich stelle auch fest, dass es bei vielen Menschen eine Art Sehnsucht nach dieser kontinuierlichen Autorität und dem „Glanz“ eines Königshauses gibt.
Die Medien verfolgen beinahe jeden Schritt des britischen Thronfolgers Prinz William und seiner Frau Kate, um nur ein Beispiel zu nennen.
Der Voyeurismus ist ein unerfreuliches Phänomen unserer Zeit. Grundsätzlich halte ich den Verlust des Respekts vor dem Menschen, seinem persönlichen Leben und gegebenenfalls vor der Würde seines Amtes für sehr bedenklich. Auch trifft es mich, wenn Menschen zur reinen Ware reduziert werden. Allerdings muss ich sagen, dass ich mit den Medien bei uns ganz andere und gute Erfahrungen mache und darüber sehr froh bin.
Wie verstehen Sie Ihre Rolle als Chef des Hauses Wittelsbach in der heutigen demokratischen Gesellschaft?
Im Wesentlichen sehe ich mich als Familienchef vor zwei Aufgaben gestellt: Eine betrifft die inneren Angelegenheiten der Familie, den Frieden und den Zusammenhalt. Nach außen erfülle ich eine mehr repräsentative Aufgabe. Die rund 800-jährige Verbindung des Hauses Wittelsbach mit dem Land Bayern hat zwar 1918 ein äußerliches Ende gefunden, nicht geendet hat jedoch die gegenseitige Verbundenheit und Wertschätzung und der Bezug zur Geschichte und Tradition. Man könnte sagen, dass meiner Familie aus diesem Bewusstsein heraus sehr viel Respekt entgegengebracht wird, den wir erwidern, unter anderem, indem ich offizielle Einladungen annehme und mich in vielfältigen Gremien engagiere.
Sie sind ein großer Kunstmäzen und Sammler zeitgenössischer Kunst (Siehe Seite 23). Wie ist Ihre Affinität zur Moderne entstanden?
Viele meiner Vorfahren waren Kunstsammler, und zumeist hat sie die zeitgenössische Kunst fasziniert. Auch ich sammle die Kunst meiner Zeit, weil das die Bilder und Themen sind, die mich stärkstens berühren. Ein Großteil meiner Sammlung habe ich in eine der Öffentlichkeit zugängliche Stiftung eingebracht, damit alle Interessierten daran genau so viel Freude haben können wie ich.
Sie haben eine ganze Menge von Hilfsprojekten in die Wege geleitet, welches liegt Ihnen besonders am Herzen?
Persönlich ist mir der Hilfsverein Nymphenburg e.V. am stärksten verbunden, der von meiner Mutter zur Zeit des Ungarnaufstands ins Leben gerufen wurde und heute unter anderem in Rumänien, Albanien und afrikanischen Ländern Alte, Kranke und andere Bedürftige unterstützt. Ich habe mich gerne, vor ein paar Jahren, für die Obdachlosenhilfe des Haneberghauses und Lichtblick Hasenbergl engagiert.
Beziehen Sie oder das Haus Wittelsbach noch Geld vom Staat und damit vom Steuerzahler?
Mit dem Ende der Monarchie in Bayern 1918 wurde auch die sogenannte Zivilliste abgeschafft, aus der alle Kosten der Hofhaltung und der Repräsentation des bayerischen Königs und seiner Familie zu begleichen waren. Seither erhalten die Mitglieder des Hauses Wittelsbach keine Zahlungen des Staates mehr. Um einen Ausgleich für das schon 1804 an den Staat übertragene Privatvermögen des Hauses Wittelsbach zu schaffen, wurde schon fünf Jahre nach dem Ende der Monarchie der Wittelsbacher Ausgleichsfonds, eine Stiftung des Öffentlichen Rechts, gegründet. In diesen Fonds wurden vornehmlich Immobilien, land- und forstwirtschaftliche Flächen und ein bedeutendes Kunstvermögen eingelegt, letzteres überwiegend unter der Vorgabe, es in staatlichen Museen für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Aus den erwirtschafteten Erträgen des Wittelsbacher Ausgleichsfonds ist der Erhalt des Traditionsvermögens sicher zu stellen. Daneben ist es Stiftungszweck, einen angemessenen Unterhalt der Familie zu gewährleisten.
An Stelle von Geschenken wünschen Sie sich zu Ihrem Geburtstag eine Spende für wohltätige Zwecke in Griechenland. Wie eng ist die Verbindung der Wittelsbacher noch mit Athen, in dem Ihr Vorfahre Otto 1832 bis 1862 als erster König von Griechenland residiert hat?
In der Tat gibt es eine enge Beziehung zu Griechenland. Die Antiken- und Griechenlandbegeisterung König Ludwig I. ist ja bekannt. Von dieser Begeisterung zeugen in München nicht nur klassizistische Gebäude und Prachtstraßen, sondern auch eine bedeutende Sammlung, die Glyptothek. Der Idealismus von König Ludwig I. ging so weit, dass er seinen Sohn Otto als griechischen König in ein ihm fremdes Land schickte, das politisch führungslos und wirtschaftlich wenig entwickelt war. Die Verbindung zu Griechenland ist seitdem nicht abgerissen, und ich bleibe nicht unberührt, wenn ich sehe, wie hart die Folgen der Eurokrise die Griechen treffen. Aus diesem Grund habe ich um Spenden für ein Hilfsprojekt der griechisch-orthodoxen Kirche gebeten und werde mich auch persönlich finanziell engagieren. Dieses Hilfsprojekt unterstützt mit Lebensmittelpaketen kinderreiche Familien im Großraum Athen, die im Jahr weniger als 8000 Euro zur Verfügung haben. Interview: bö, mak, dpa