BR-Radltour - Vom Lückenbüßer zur beliebten Tradition
München - Eigentlich war sie nur als Lückenbüßer geplant, sie sollte das Sommerloch füllen, die nachrichtenarme Zeit zu Beginn der großen Ferien in Bayern. Doch es kommt ganz anders: Die "BR-Radltour" entpuppt sich als attraktiver Sommerspaß und wird zum Wegbereiter des Radfahrens im Freistaat mit Kult-Charakter.
Von diesem Sonntag an rollt die Tour zum 30. Mal quer durch Bayern – 570 Kilometer weit und sieben Etappen lang von Bad Staffelstein nach Bad Füssing. 1.100 Teilnehmer stehen in den Startlöchern.
"Sowas machen nur Wahnsinnige!"
Auch der "Vater" dieser speziellen Radltour feiert mit: der frühere Bayern-3-Moderator Thomas "Toto" Gaitanides aus Großhadern unterbricht extra seinen Sommerurlaub am kühlen Mittelmeer, um im heißen Bad Staffelstein an früher zu erinnern: "1990 ging’s los, mit 800 Leuten in Donauwörth, ich hab Blut und Wasser geschwitzt, keiner wußte, was da auf uns zukam. Ich hab gedacht: Sowas machen nur Wahnsinnige!"
1990 schlafen Frauen und Männer strikt getrennt
1990 ist Radfahren nur etwas für arme Studenten, Kinder oder ein paar Asketen – es gibt keine Radhelme, keine Hightech-Räder, von Funktionsklamotten ganz zu schweigen. Die Teilnehmer quälen sich auf schweren Stahlrössern ohne Gangschaltung entlang der Wörnitz Richtung Ansbach.
Niemand hat etwas zu trinken dabei, die Autofahrer staunen völlig verunsichert über diesen Haufen, die erste Nacht wird in einer riesigen Tennishalle verbracht, Männer und Frauen durch große Leinentücher voneinander getrennt: "Aber das gab’s nur einmal und nie wieder", erinnert sich Theresia aus Obermenzing und lacht.
Der Ablauf: Tagsüber Strecke, abends Party machen
Und so nimmt – Zitat Gaitanides – "das letzte Abenteuer Europas" seinen Lauf. Man rollt durch den Eisernen Vorhang von München nach Leipzig, begrüßt bald Mitfahrer aus Australien, den USA und der Karibik. Die BR-Radltour propagiert die Verwendung von Radhelmen und ist damit ihrer Zeit weit voraus.
Popstars aus der ganzen Welt treten bei den allabendlichen Open Airs auf, viele Gemeinden in Bayern sehen es als große Ehre, den einwöchigen Wanderzirkus beherbergen zu dürfen: Jeder hilft mit, feiert mit, jubelt mit bei den Zielankünften, die jeden Sommer aufs Neue das Tour-de-France-Feeling nach Niederbayern, an den Main oder ins Allgäu bringen.
BR-Radltour: Eine Woche Ausnahmezustand
"Es ist eine Woche Ausnahmezustand", sagt Cheforganisator Wolfgang Slama aus der Münchner Au, der seit 1990 jeden Kilometer akribisch plant. "Man weiß nie, was passiert. Und man ist gemeinsam unterwegs, um Bayern tatsächlich zu er-fahren!" Viele kommen davon nicht mehr los, wollen jedes Jahr dabei sein, in heißen Hallen, unter kalten Duschen, in langen Schlangen. Die Polizei macht ihnen den Weg frei, lässt sie bei Rot über alle Ampeln brettern und bringt ihnen am Schluss immer ein Ständchen. Der erfolgreichste Refrain in bisher 29 Jahren: "Im Himmel gibt’s koa Radltour!" Wahrscheinlich ist das die Schwachstelle der Jubilarin ...
Der BR berichtet unter anderem auf Bayern 1 live vom Tourstart in Bad Staffelstein am Sonntag, 28. Juli, ab 8.45 Uhr sowie von der Bayern 1 Radioshow am ersten Tour-Abend mit Thomas Gottschalk und Fritz Egner. Zieleinläufe sind werktäglich ab 16.15 Uhr bei "Wir in Bayern" im Bayerischen Fernsehen zu sehen. Bilder finden sich auf www.br-radltour.de und Facebook.
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