„Borniert!“ Nürnberger Pfarrer schießt gegen Erzbischof
Pfarrer Gerhard Schorr von St. Sebald ist sauer: Der Bamberger Kirchenfürst Ludwig Schick verhindert ökumenischen Gottesdienst zum Menschenrechtspreis.
NÜRNBERG Mega-Zoff um den Gottesdienst zum Nürnberger Menschenrechtspreis! Der katholische Erzbischof von Bamberg, für Nürnberg zuständig, hat einen ökumenischen Gottesdienst verhindert. Darüber ist der evangelische Pfarrer Gerhard Schorr von St. Sebald sauer: „Das ist borniert, kleinkariert und provinziell!“, schimpft der Geistliche.
Dabei war die Idee so gut: Vor der Verleihung des Nürnberger Menschenrechtspreises an den Anwalt Abdolfattah Soltani am Sonntagvormittag um 11 Uhr sollte um 9 Uhr in der St. Klarakirche ein ökumenischer Gottesdienst – auch mit den muslimischen Festgästen – stattfinden. Die katholische Kirche St. Klara wäre dafür perfekt geeignet gewesen: Sie wäre um die Uhrzeit leer gewesen, da hier Sonntagvormittags kein Gottesdienst stattfindet, sie ist in der Nähe des Verleihortes Opernhaus, und sie wirbt für sich als „offene“ Stadt-Kirche.
"Das Image der Ewiggestrigen wird aufpoliert"
Doch es kam anders: Erzbischof Ludwig Schick hat seiner Nürnberger Stadtkirche die ökumenische Feier verboten. „Da sind wir natürlich etwas enttäuscht. Wir hätten uns eine andere Entscheidung erhofft“, sagt der Sprecher der Nürnberger Stadtkirche, Manfred Dörffel. Der Erzbischof bezog sich bei seinem Verbot auf einen Bischofsbeschluss, nach dem am Sonntagvormittag nur katholische Gottesdienste stattfinden sollen – und keine ökumenischen. Zwar hätte er eine Ausnahme machen können – das sieht der Beschluss der Bischöfe auch vor. Aber da die Verleihung des Menschenrechtspreises alle zwei Jahre stattfindet, sieht Schick darin eine Regelmäßigkeit – keine Ausnahme. Daher das Nein.
Pfarrer Schorr ist enttäuscht und schreibt Schick in einem offenen Brief: „Das Verbot aus Ihrem Bischofshaus ist enttäuschend und geeignet, das Image der Ewiggestrigen aufzupolieren. Einer Weltkirche möchte man mehr Format zutrauen.“
Immerhin: Zwei gute Nachrichten gibt es. Der Gottesdienst findet nun am Samstag um 18 Uhr in St. Sebald statt. Und: Preisträger Abdolfattah Soltani wird höchstwahrscheinlich anwesend sein. Seine Ausreise ist genehmigt, nachdem der Menschenrechtsanwalt bis vor kurzem in Haft war.
„Wir hoffen, ihn am Freitag am Flughafen in München begrüßen zu dürfen“, sagt Hans Hesselmann, der Leiter des Nürnberger Menschenrechtsbüros. „Aber sicher können wir erst sein, wenn er hier ist.“
Martin Mai
Mehr über die Verleihung des Menschenrechtspreises und Abdolfattah Soltani lesen in der Print-Ausgabe Ihrer AZ am Freitag, 2. Oktober