Bomben-Alarm im Nürnberger Hauptbahnhof

Zwei Diensthunde schlugen an einem Schließfach an – Mittelhalle evakuiert und abgesperrt
NÜRNBERG Die bundesweite Terrorwarnung gilt noch immer. Polizisten patrouillierten auch am Samstagabend durch den vollen Hauptbahnhof. Routinemäßig überprüfte ein Hundeführer um 17.30 Uhr mit Sprengstoffhund Max die Schließfächer in der Mittelhalle. Vor dem Fach mit der Nummer 110 stoppte Max. Er setzte sich hin, fixierte das Objekt – er hatte Sprengstoff gewittert. Terror-Alarm im Hauptbahnhof – die Mittelhalle wurde evakuiert!
Zuvor wurde Max’ Reaktion überprüft: Die Bundespolizei forderte einen Sprengstoffhund der Nürnberger Kollegen an. Auch der blieb am Fach Nr. 110 hängen, auch er zeigte an: Hier riecht’s nach Sprengstoff. Die Nasen der Hunde allein sind aber noch kein Beweis.
Experten aus der Landeshauptstadt angefordert
So wurde das Sprengstoffkommando der Bundespolizei in München alarmiert. Während die Experten aus der Landeshauptstadt mit Blaulicht anrückten, evakuierte die Bundespolizei mit nur zwölf Beamten die Mittelhalle. Auf Unverständnis, Spott und Kopfschütteln stießen die Beamten, bis die Halle – vom Eingang Königstorpassage bis hoch in den ersten Stock – menschenleer war. Bis die Experten vor Ort waren, um das Schließfach zu untersuchen, versuchten die zwölf Bahnpolizisten die Reisenden, die nach Ende des Christkindlesmarktes zu Tausenden in den Hauptbahnhof stürmten, zu informieren.
Die am häufigsten gestellte Frage, ob man zu den Gleisen käme, war am einfachsten zu beantworten: Ja, und zwar durch die Eingänge Ost, West und Süd. Der Schienenverkehr war nicht beeinträchtigt. Die Menschen nahmen’s hin und gingen weiter. Anders in der Königstorpassage: Von hier aus geht es zu den Schließfächern. Viele Reisende hatten dort ihre Wertsachen deponiert. Wie Birgit Beck (26) aus Erding. „Schlüssel, Geldbeutel, Fahrkarte, Ausweis, Handy – es liegt alles im Fach, in ein paar Minuten geht mein Zug“, zählte sie verzweifelt auf. Doch die Polizei blieb hart, niemand durfte zu den Fächern. Sie hätte sich eine neue Fahrkarte kaufen müssen.
Eine Bestätigung, dass sie Opfer der Evakuierung wurde, gab es nicht. Ihre Dauerfahrkarte für den Münchner Raum hätte sie vermutlich erst Tage später erhalten. Es fehlte Servicepersonal, das auf diese Situation hätte reagieren können. „Das müsste vorher geübt werden“, kommentierte ein Bahnmitarbeiter. „Was schwierig ist: Wir können im laufenden Betrieb so etwas nicht proben.“ Dann sollte die Bahn jetzt Manöverkritik machen. Bei Terror-Verdacht dürfen Reisende nicht derart allein gelassen werden.
Entwarnung - Schuhe und Pullis statt Sprengstoff
Birgit Beck hatte Glück: Während sie noch am Fuß der Rolltreppe um Hilfe bat, steckte ein Bomben-Experte bereits im dicken Schutzanzug und öffnete das verdächtige Schließfach. Er zog vorsichtig eine Tasche heraus, öffnete sie. Entwarnung: Es waren Schuhe und Pullover drin. Allerdings gehen die Spezialisten davon aus, dass sich die Hunde nicht geirrt haben: In der Tasche könnte früher Sprengstoff transportiert worden sein, auch Harmloses wie Silvesterkracher oder Nitroverdünnung – auch das können die Hunde anzeigen, weil bestimmte Sprengstoffe ähnlich riechen. Der Besitzer der Tasche ist noch nicht ermittelt.
Um 20.45 Uhr stürmten die Menschen die Schließfächer. Auch Birgit Beck beeilte sich. Sie bekam ihren Zug noch.
sw