Blutspuren am Milchnapf
NÜRNBERG - Zum Saisonstart wird am Gostner Hoftheater viel gelacht: Morten Feldmanns „Männergespräche“ schickt die Enddreißiger auf Krisensitzung
Charles Manson ist, davon war in diesem Theaterstück wie zuvor schon im richtigen Leben auszugehen, in jeder Lage gefährlich. Selbst am Milchnapf hinterlässt er Blutspuren, was den drei Herren, die in Morten Feldmanns Komödie „Männergespräche“ ein paar Schachtelteufelchen aus der Beziehungskiste springen lassen, einiges an Nerven und Hautfetzen kostet. Manson, das ist ein nur klammheimlich so genannter neurotischer Kater am Testgelände einer Liaison (das ferne Frauchen Liebe, das nahe Herrchen muss so tun als ob), und an den ausfahrbaren Krallen hat sich Regisseur Oliver Karbus bei der Inszenierung am Gostner Hoftheater wohl ein wenig orientiert. Es wird jedenfalls viel gefaucht. Die Aufführung bleibt dennoch schmerzlos – jodfrei zum Durchlachen.
Der Marketing-Hinweis auf Ähnlichkeiten mit dem Bühnen-Bestseller „Kunst“, der am Gostner lange vor dem Staatstheater erfolgreich war, ist nachvollziehbar. Auch in „Männergespräche“ gespenstert das Phantom der Freundschaft ungleicher Herren durch überschaubare Konflikte. Hier ist es der dominante Galerist Malte, der mit dem erfolglosen Maler Jakob und dem grade von einer bedrohlich eheähnlichen Affäre mit seiner Verlegerin gebeutelten Autor Sebastian zumindest verbal im Dreieck hüpft.
„Ich habe eine Frau noch nie so selten betrogen“, jammert Walter Ludwig, der als praktizierende Heulsuse und Romancier von „Die Nacht ist ein Felsen“ auch mal zur Überdosis Schlaftabletten greift, ohne das todernst gemeint zu haben. Der gescheiterte „Stadtschreiber von Neukölln“ und Beikoch für Charles Mansons warme Mahlzeiten ist überfordert von den Ansprüchen seiner mächtig global zwischen New York, Madrid und Gütersloh jettenden Karriere-Partnerin. Den Fragmenten seines Selbstbewusstseins gibt der Kunst-Geschäftsmann im Freundeskreis den Rest. Thomas Witte spielt den Galeristen mit dem entschiedenen Meinungsbild als schwadronierende Klatschbase, die ihr Geschwätz immer wieder zu Weisheitsbehauptungen aufbäumt und wunderbar angewidert guckt, wenn ein Pfui-Wort wie „Heirat“ fällt. Der Dritte im Bunde (softsatirisch: Manuel Boecker) sucht die Reibung zwischen den Fronten und findet einen persönlichen Kunst-Aufschwung beim „Mädchen mit dem Duschkopf“. Was als Bild abgemaltes Badezimmer von nebenan, also reine „Spanner-Art“ ist, aber sogleich euphorisiertes Kunstkritik-Blabla auslöst.
Morten Feldmann hat die Idee, eine Männer-Runde als spöttische Zerrspiegelung von überreifem Girls-Geplapper a la „Sex and the City“ zu zeigen, routiniert durchgespielt. Nicht mit der latenten Ironie von „Kunst“-Schöpferin Yasmina Reza gesegnet, eher als Dialog-Monteur. Seine auf nette Weise zerrütteten Enddreißiger sind keine Rätsel, nur Knalltüten.
Oliver Karbus, immer stark in der Dialogregie, lässt mit ein paar weißen Bildern an der Wand Reza-Erinnerungen anklingen, kann aber mangels Fundament den Bogen von „Kunst“ zu „Männergespräche“ nicht schlagen. Monochrom ist in diesem Fall die Charakterisierung der Figuren – sie bleiben wie sie sind. Darüber haben bei der Premiere die Frauen naturgemäß am lautesten gelacht. Dieter Stoll
Weitere Aufführungen: 26./27.9. sowie 1. bis 4., 8. bis 11., 15. bis 18. und 22. bis 25.10. Karten unter Tel. 261510..
- Themen: