Blut-Anschlag auf Moschee: Verein im Zwielicht

Die türkisch-deutsche Kulturinitiative gehört zu einer radikalen islamischen Organisation...
von  Abendzeitung

Die türkisch-deutsche Kulturinitiative gehört zu einer radikalen islamischen Organisation...

ELSENFELD Nach dem Anschlag auf das türkisch-deutsche Begegnungszentrum im unterfränkischen Elsenfeld, in dem es auch einen Gebetsraum wie in einer Moschee gibt, geht der ansässige Verein in die Offensive. Der Bau des neuen Vereinshauses werde fortgesetzt. „Wir werden uns keinesfalls davon abhalten lassen“, kündigte Vereinsvorstand Yavuz Güzel gestern an.

Doch nun gerät der Verein selbst ins Zwielicht: Der Türkisch-Deutsche Kulturverein mit etwa 100 Mitgliedern ist seit 1984 in Elsenfeld (Kreis Miltenberg) und gehört zur Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG). Diese Vereinigung wird vom Verfassungsschutz beobachtet.

„Die IGMG versucht, sich als integrationswillige und auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehende Organisation zu präsentieren“, heißt es im Verfassungsschutzbericht 2008. Allerdings scheinen deren Bestrebungen auch geeignet, „die Entstehung und Ausbreitung islamistischer Milieus in Deutschland zu fördern“. Die Gemeinschaft gilt mit etwa 27.500 Mitgliedern als größte radikal-islamische Organisation in Deutschland und verfügt hier über 323 Moschee- und Kulturvereine.

Unterdessen sucht die Polizei weiter nach den unbekannten Tätern, die in der Nacht zum Samstag das noch im Rohbau befindliche Haus mit Tieraugen und wahrscheinlich Tierblut geschändet haben (AZ berichtete). Auch konnte bisher nicht geklärt werden, woher die Tieraugen stammen. Die Polizei hat daher gestern ihre Befragung von Zeugen und Anwohnern fortgesetzt.

„Die Skepsis ist immer noch vorhanden“

Im Frühjahr soll das Vereinszentrum in Elsenfeld eröffnet werden. Bisher ist die Organisation im Keller eines Nebengebäudes untergebracht. Auf drei Etagen will der Verein künftig muslimischen und christlichen Kindern Nachhilfeunterricht geben.

Auch Freizeiträume für Jugendliche sowie ein Gebetsraum sind geplant. „Im klassischen Sinne ist es keine Moschee“, erklärte der Vereinsvorstand Güzel mit Blick auf bekannte Moschee-Merkmale wie Kuppel und Minarett.

Allerdings ist das neue Kulturzentrum in der kleinen Gemeinde umstritten. Vor wenigen Jahren hatte sich dagegen eine Bürgerinitiative gegründet, die den Neubau verhindern wolle, erläuterte Elsenfelds Erster Bürgermeister Matthias Luxem (Freie Wähler). „Gegen die Organisation gab es Vorbehalte. Die Skepsis ist immer noch vorhanden.“

Der Gemeinderat habe das neue Vereinsgebäude daher zunächst abgelehnt. Vor fünf Jahren sei in der 9200-Einwohner-Ortschaft ein Dialogkreis gegründet worden, um über Integrationsfragen zu sprechen und Vorbehalte auszuräumen. Daraufhin habe der Gemeinderat dem Neubau doch zugestimmt.

Luxem verurteilte den Anschlag, der durch nichts zu rechtfertigen sei. „Jetzt muss das Gespräch zusätzlich gesucht werden.“ Bisher habe es solche Anfeindungen gegen Muslime in der Gemeinde nicht gegeben. Dies sei keine einfache Sachbeschädigung, sondern eine ganz bewusste Beleidigung. Nach Worten des Bürgermeisters sind 70 Prozent der Migranten in Elsenfeld Türken. Das sind knapp 20 Prozent der Einwohner.

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