Tödlicher Blitzeinschlag auf Zugspitze: "Wirklich eine furchtbare Situation"

Ein 18-Jähriger aus Nordrhein-Westfalen ist auf Deutschlands höchstem Berg gestorben. Warum Klettersteige besonders gefährlich sind und wie man sich bei Unwettern in den Bergen verhalten sollte, erklärt der Deutsche Alpenverein in der AZ.
von  Rosemarie Vielreicher
Das Gipfelkreuz des Zugspitzgipfels bei Wolken.
Das Gipfelkreuz des Zugspitzgipfels bei Wolken. © Felix Hörhager/dpa

Grainau - Tragödie am höchsten Punkt Deutschlands: Drei junge Männer ohne alpine Ausrüstung sind am späten Sonntagnachmittag auf der Zugspitze (2962 Meter) in ein Gewitter geraten. Ein Blitz hat dabei einen 18-Jährigen aus NRW tödlich verletzt. Ohne Chance auf Überleben.

Die Polizei geht auf AZ-Nachfrage davon aus, dass er sofort tot war. Seine beiden Begleiter, alle etwa im gleichen Alter und auch aus Nordrhein-Westfalen, wurden psychosozial betreut, wie der Sprecher der alpinen Einsatzgruppe der Grenzpolizeiinspektion Murnau am Staffelsee der AZ sagt.

"Ein Klettersteig ist wie ein Blitzableiter"

Demnach waren die drei jungen Männer zwischen Bergstation und Zugspitzgipfel unterwegs, sie befanden sich auf dem Rückweg. Der Polizeisprecher erklärt: "Von der Bergstation zum Gipfelkreuz sind es etwa 80 Gehmeter, entlang eines Klettersteigs." Er ergänzt: "Ein Klettersteig ist wie ein Blitzableiter." Wer ans Drahtseil fasst, greift sozusagen an den Blitzableiter.

Das Unwetter erschwerte es den Einsatzkräften, zum Unfallort zu kommen. Der Hubschrauber konnte nicht losfliegen, die Zugspitzbahn nicht fahren. "Es kam ständig zu heftigen Einschlägen im Bereich der Bergstation und des Gipfels", heißt es in einer Mitteilung der Polizei zu dem Einsatz.

Sowohl im Gespräch mit dem Polizeisprecher als auch mit dem Deutschen Alpenverein fällt mehrmals das Wort Eigenverantwortung. Der Polizeisprecher sagt: "Natürlich war den ganzen Tag schwüles Wetter." Auch Wärmegewitter seien zu erwarten gewesen. Deswegen ist es der Polizei wichtig, auf das Risiko hinzuweisen, "in einer Gesellschaft, die Gefahren nicht mehr so wahrnimmt".

Was aber mache ich in den Bergen, wenn ein Gewitter aufzieht? Der Pressesprecher des Deutschen Alpenvereins (DAV), Thomas Bucher, sagt der AZ ganz grundsätzlich und er wiederholt das mehrmals: "Das Erste und Wichtigste ist: gar nicht in ein Gewitter kommen! Ein Gewitter im Hochgebirge ist im Zweifel eine lebensgefährliche Situation."

Für ihn kommt es im Vorfeld auf eine gute Planung an. Er empfiehlt, am Tag vorher den Wetterbericht zu checken, ob Gewitter vorhergesagt sind. Am Morgen der Tour noch einmal, falls sich die Prognose geändert hat. "Ein typischer Verlauf eines Sommertages ist, dass es morgens schön ist und am Nachmittag oder am Abend Gewitter aufziehen."

Den Himmel beobachten: "Türmen sich große Wolken auf?"

Ist das so vorhergesagt, sollte man die Tour so planen, dass man am frühen Nachmittag zurück ist. Für ihn gilt weiterhin: "Ich muss auch auf Tour immer die Augen offen halten - nicht nur in eine App reinschauen." Also: "Türmen sich große Wolken auf? Höre ich vielleicht in der Ferne schon ein Gewitter?"

Dann gilt: so schnell wie möglich umkehren und weg von exponierten Stellen wie Gipfel, Hügel oder Grate. "Hier ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Blitz einschlägt, größer."

Was, wenn es schon zu spät ist, um umzudrehen? "Wenn das nicht mehr möglich ist, begibt man sich am besten in eine Kauerposition." Aber Bucher sagt klar: "Dann ist man schon in einer absolut katastrophalen Situation, die man eigentlich nicht erleben will. Ich selbst bin seit 40 Jahren in den Bergen unterwegs und habe das schon zwei, drei Mal erlebt - das ist wirklich eine furchtbare Situation."

Man sollte dann eine Mulde suchen, in die Hocke gehen und sich zusammenkauern. "Ich kugle mich quasi ein und warte, bis das Gewitter vorbeigeht." Sollten sich im Rucksack Gegenstände mit Eisen befinden: Rucksack weg! Und wenn man mit mehreren Menschen unterwegs ist, sollten sich diese mit etwas Abstand verteilen, "nicht alle auf einen Haufen". Sonst sind im Ernstfall alle betroffen.

"Da ist man auf sich selber angewiesen"

Bucher erklärt weiter: "Ganz schlimm sind Klettersteige: Das sind Drahtseil-versicherte Wege. Unbedingt vom Drahtseil weg, das zieht den Blitz an."

In der akuten Gewitter-Not Hilfe zu alarmieren, ergibt aus seiner Sicht keinen Sinn. "Die Rettungskräfte können nicht ausrücken, solange das Gewitter nicht vorbei ist. Da ist man auf sich selber angewiesen."

Stichwort: "Eigenverantwortung in den Bergen. Ich bin erst einmal für mein Tun selbst verantwortlich".

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