Betretungsverbote an Touristen-Hotspot in Bayern? Streit um Chiemsee nimmt Fahrt auf
München/Chiemsee - Der Unmut von Kommunalpolitikern am Westufer des Chiemsees ist groß. Laut mehreren Bürgermeistern wollte die im Landratsamt Rosenheim angesiedelte Untere Naturschutzbehörde im Entwurf einer Allgemeinverfügung aus Naturschutzgründen weitgehende Betretungsverbote für die Inseln und Uferbereiche am Chiemsee erlassen. Zahlreiche nicht gewidmete Wege und auch einige inoffizielle Badestellen wären dann bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr öffentlich zugänglich gewesen.
Jetzt geht die Debatte in die nächste Runde. Laut einer schriftlichen Erklärung des zuständigen Landratsamtes auf Anfrage der AZ, sei das Ziel der Allgemeinverfügung, die Lenkung von Besucherströmen zum Schutz von Vögeln gewesen. Fußgänger und Fahrradfahrer sollten sich auf bestehende Wege beschränken. Diese wären laut der Behörde "im Wesentlichen" erhalten geblieben.
Betretungsverbot: Chiemsee-Inseln von Regelentwurf besonders stark betroffen
Davon ist der Erste Bürgermeister von Prien, Andreas Friedrich (Überparteiliche Wählergemeinschaft Prien), nicht überzeugt. "Alle Wege, die in der Natur da sind, aber nicht rechtlich gewidmet sind oder keine offiziellen Wanderwege sind, hätten gesperrt werden müssen", sagt der Ortsvorsteher zur AZ. "Da ist der Naturschutz über das Ziel hinausgeschossen."
Für Aufregung hat der Entwurf der Allgemeinverfügung gesorgt, weil die darin festgeschriebenen Regelungen alle drei Chiemsee-Inseln besonders stark treffen, wie Friedrich bestätigt. Auf umfangreiche Betretungsverbote auf der Herreninsel und einzelne gesperrte Bereiche auf der Fraueninsel, wies Armin Krämmer (Freie Wählergemeinschaft), Bürgermeister der drei Inseln, schon vor einigen Tagen hin. Doch wie jetzt klar wird, sei es dem Landratsamt lediglich um ein Betretungsverbot für die Krautinsel gegangen. "Das sagt das Landratsamt natürlich jetzt leicht, aber dann müssen sie es auch in ihren Karten so darstellen", meint Krämmer zur AZ. Laut dem Bürgermeister sei im Entwurf die gesamte Herreninsel - bis auf das Schloss - zur Tabuzone erklärt worden.
Streit um Chiemsee-Inseln: Bürgermeister wünscht sich trotzdem mehr Kommunikation
Darüber hinaus bemängelt er die Umsetzbarkeit der Allgemeinverfügung. "Auf die Krautinsel müsste man dann die Polizei oder einen Aufseher rüberstellen", sagt Krämmer. Das Landratsamt erwidert darauf, dass die Überwachung dieser Insel noch gar nicht abschließend geklärt gewesen sei. Was sich der Ortsvorsteher von der Behörde wünscht: Dass "deutlich mit den Gemeinden darüber gesprochen wird, was das Landratsamt überhaupt vor hat." Laut den Verantwortlichen sei allerdings genau das im Oktober 2023 bereits geschehen. Allen betroffenen Gemeinden sei vor Ort im Priener Rathaus das Konzept von der Unteren Naturschutzbehörde vorgestellt worden.
Auch ein Vertreter der Verwaltungsgemeinschaft Breitbrunn am Chiemsee, zu der Krämmers Gemeinde gehört, sei anwesend gewesen, heißt es aus dem Landratsamt. "Deutlich kommuniziert wurde zudem, dass die Allgemeinverfügung nur in Kraft gesetzt werde, wenn alle Gemeinden positiv votierten." Priens Bürgermeister Friedrich hat das offensichtlich anders wahrgenommen. Auf seine Frage, was passiere, wenn der Entwurf bei den Gemeinden "durchfällt", hätte es damals bei der Präsentation in Prien keine klare Antwort gegeben. "Es freut mich aber zu hören, dass der Entwurf nicht umgesetzt wird", so Friedrich weiter.
Zahlreiche Umweltprobleme: Behörde wollte mit Allgemeinverfügung gegenwirken
Wieso das Landratsamt ausgerechnet jetzt neue Regeln am Bayerischen Meer einführen wollte? Die Behörde verweist auf mehrere Umweltprobleme, die in den letzten Jahren von Bürgern, Landwirten und Jägern aus der Region der Unteren Naturschutzbehörde zugetragen wurden.
Bei der Entwicklung der Allgemeinverfügung ging es dann auch um ein Hundeanleingebot, das die Gemeinden Prien und Rimsting laut Friedrich schon länger fordern. "Letztes Jahr hatten wir dann plötzlich eine Einladung zu einem Gespräch mit dem Naturschutz." Beim Treffen sei dann mitgeteilt worden, dass ein Hundeanleingebot für den Schutz der Vögel alleine nicht ausreiche, sondern auch Betretungsverbote für einige Uferbereiche unumgänglich sind.
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