Beliebte Lage: Wird der Tegernsee das neue Sylt?

Die Lage ist paradiesisch, immer mehr gönnen sich am Tegernsee einen Zweitwohnsitz. Jetzt werden die Steuern dafür kräftig erhöht – das gibt Ärger.
von  Klaus Wiendl
Einfach schön: Ein Blick über den Tegernsee.
Einfach schön: Ein Blick über den Tegernsee. © dpa

Tegernsee - Wer hätte nicht gerne eine Zweitwohnung am Tegernsee? Immer mehr Städter erfüllen sich diesen Traum. Doch nicht nur die Anschaffung hat ihren horrenden Preis. Nun wird auch der Besitz teurer. Im Mai 2018 machte die Stadt Tegernsee den Anfang mit der drastischen Erhöhung der Zweitwohnungssteuer. Dem Beispiel folgen wollen auch andere Gemeinden am "Lago di Bonzo".

Einheimische finden am Tegernsee keinen Wohnraum mehr

Sehr zum Missfallen von Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) haben sich die "Sylter" Zustände auf dem Wohnungsmarkt denen seiner Stadt sehr angenähert. Auf der Nordseeinsel seien inzwischen so viele Wohnungen von Touristen belegt, dass sich viele Sylter nun Wohnungen auf dem Festland suchten und täglich mit dem Zug zur Arbeit auf die Insel pendeln müssten. Und dieser "Syltisierung" versucht man in Tegernsee entgegenzusteuern. Denn Einheimische finden im Tal keinen Wohnraum mehr, weil andere ihre Zweitwohnungen leer stehen lassen. Innerhalb von sechs Jahren stiegen die Zahlen der "Zweitwohnler" in Tegernsee um fast 20 Prozent.

Diese Eigentümer werden nun seit Monaten kräftig zu Kasse gebeten. Statt bisher zwölf Prozent der Kaltmiete wurden 20 Prozent fällig. Damit ist das alte Stufenmodell außer Kraft, das 2017 wegen der großen Preissprünge als verfassungswidrig verworfen wurde.

Teilweise werden damit 145 Prozent mehr fällig

Inzwischen spricht man in Tegernsee von Enteignung und Vertreibung. Es hagelte Proteste von 458 Betroffenen. 52 legten Widerspruch gegen den Steuerbescheid ein. Vier Wohnungsbesitzer klagen vor dem Verwaltungsgericht.

Manche müssen bis zu 145 Prozent mehr berappen. Für einen Hochschullehrer aus dem Landkreis Dachau sind es für seine Zwei-Zimmer-Ferienwohnung nach eigenen Angaben statt bislang 450 Euro nun 1.104 Euro jährlich. Nachdem sich der Sturm der Entrüstung etwas gelegt hat, wollen nun am Donnerstag weitere Kommunen in den Gemeinderäten nachziehen. Allein in Bad Wiessee sei die Zahl der Ferienwohnungen sprunghaft angestiegen. Waren es 2013 noch 360 Zweitwohnungen, sind es aktuell über 720.

Daher sehe sich die Gemeinde "verpflichtet", so Vize-Bürgermeister Robert Huber (SPD), den "katastrophalen Zuständen auf dem Wohnungsmarkt" Einhalt zu gebieten. Huber ist sich aber bewusst, dass dies ein "steiniger Weg" mit dem Risiko von Prozessen werden könnte.

Auch in Kreuth eine ähnliche Entwicklung

Da auch in Kreuth die Nebenwohnsitze "erheblich nach oben gegangen sind", so CSU-Bürgermeister Josef Bierschneider, will er die Notbremse mit einer Erhöhung der Steuer ebenfalls auf 20 Prozent ziehen.

Das Tegernseer Beispiel macht Schule. Doch nicht überall am See. In Gmund sehe man derzeit keinen Handlungsbedarf und setzt lieber auf Wohnraumprogramme für Einheimische. In Rottach-Egern will die Verwaltung noch abwarten. Wohl auch, um zu sehen, welche Proteste und Drohungen die anderen beiden Talkommunen mit ihren Erhöhungen auslösen.

Besser haben es die Zweitwohnungsbesitzer in München. Sie zahlen nur neun Prozent. Und dies schon seit 2006. Kein Wunder, dass hier die Zweitsitze "boomen". In Tegernsee kann der Bürgermeister einen kleinen Erfolg melden. Zwölf Zweitwohnungen gebe es nun weniger.

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