Bei ihr lernte Günther Beckstein: „Ganoven-Gabi“ wird 90
Als „Ganoven-Gabi“ genoss sie einen legendären Ruf – nicht nur in Unterwelts-Kreisen. Am Mittwoch feierte Gabriele Lehmann, Nürnbergs wohl berühmteste Rechtsanwältin, ihren 90. Geburtstag – mit Sohn, Schwiegertochter und den drei Enkeln.
NÜRNBERG/MÜNCHEN In München stieg die Party, wo ihr Sohn Michael Lehmann als Professor für Wirtschaftsrecht lebt und lehrt. Und wo sich Gabriele Lehmann vor einigen Jahren im noblen Augustinum-Senioren-Stift zur Ruhe gesetzt hat. Ihr Nachbar dort: Hans-Jochen Vogel, der ehemalige Bundes-Justizminister und Ex-SPD-Chef.
Noch mit 80 saß die zierliche Frau mit dem Kämpferherz täglich über Akten bei den Mitarbeitern in ihrer Kanzlei. Mit ihren Anwälten Hartmut Pösl, Richard Müller und Klaus-Ingo Wittich sowie treuen Mitarbeiterinnen der Kanzlei hat die ehemalige Chefin beim „Käfer“ in München Erinnerungen an noch goldene Anwaltszeiten in Nürnberg ausgetauscht. Von Scheidungsverfahren bis zu Tausenden von Strafprozessen, in denen die stets elegant gekleidete Anwältin die Gestrauchelten mit kämpferischem Temperament und großem Fachwissen vertrat.
Sie vertrat sogar den Vater des ehemaligen Bundespräsidenten
Dabei waren ihre Anfänge bescheiden: Als eine der ersten weiblichen Anwältinnen in Nürnberg empfing sie Klienten in einem Zimmer in Großmutters Wohnung in der Schweppermannstraße. Da trauten sich vor allem Köchinnen und Zimmermädchen zu ihr. Einige Jahre später war aus der „Kochalas-Anwältin“ eine gefragte und gefürchtete Verteidigerin für schwierige Wirtschafts- und Mordfälle geworden. In einem Nachfolge-Verfahren der Nürnberger Prozesse hat sie übrigens zusammen mit Richard von Weizsäcker dessen Vater Ernst vertreten. Wegen der Mitwirkung an Deportationen französischer Juden nach Auschwitz wurde er 1949 als Kriegsverbrecher zu fünf Jahren Haft verurteilt.
Mit Erfolgen kam der Umzug von Gabriele Lehmann in die Villa in der Pirckheimerstraße 32. Scharen von – später sehr erfolgreichen – Junganwälten gingen durch die strenge Schule der Chefin, die meist schon ab 6 Uhr früh über den Akten saß.
Auch der jetzige Ministerpräsident Günther Beckstein verdiente sich bei Gabriele Lehmann erste berufliche Sporen. Als der Jurist und CSU-Politiker 1978 nebenbei im Landtagswahlkampf viel unterwegs war, stand ein Feldbett in seinem Zimmer in der Kanzlei Lehmann. Zum kurzen Ausruhen, wenn er nachts dort die liegengebliebenen Akten des Tages aufarbeitete. cis
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