Behaarte Typen passen nicht zum Bio-Obst

NÜRNBERG - Frontfrau mit Format und Frohsinn: Ina Müller war in Nürnberg
An Feedback, an Rückkoppelung, mangelte es wahrlich nicht bei diesem Tournee-Nachschlag in der Nürnberger Meistersingerhalle-halle-halle. Erst aus den Boxen, dann vor der Bühne. Ina Müller, die steil aufstrebende Frontfrau der Ü40- Krise, singt und spottet ihrem Publikum weiter aus der Seele. Und bleibt trotz zischelnder Nebengeräusche und Großkampf ums passgenaue Imtim-Format, das in ihrer nächtlichen ARD-Show so überrumpelnd greift, eine fabelhafte Betriebsnudel. Und als entfesselte Entertainerin eine rare Kreuzung aus Frauenschwarm und Herrenreiterin.
Ihren Texter und Produzenten Frank Ramond, der zur Zeit von Annett Louisan bis Roger Cicero die Republik mit Lebensgefühlen für Großstadtpaare versorgt, hat die kesse Power-Blondine mitgebracht. Als Vorgruppe und Sänger. der offenbar selbstlos seine besten Song-Ideen nicht für sich selber behalten hat.
Dann klappert die Müller am rauschenden Bach. Dressiert den Verfolger-Scheinwerfer, wirft dem miesen Sound ein „Schneeeekoppe“-Echolot entgegen und singt mit prächtigem Raukehlchen, das bei Gianna Nannini vom Stimmband gelaufen sein könnte. Röhrt spontan kurz mit Satchmo-Turbo „What a wonderful World“ und geht als Zwangs-Single dazwischen „psychisch ab wie ein Zäpfchen“. Orangenhaut, Arschgeweih, der verräterische Maxi-Cosi-Sitz der Flirtbekanntschaft, der Verlust der „einfachen Männer“: Die bekannten Songs – samt Plattdeutsch-Einlagen – bilden mehr denn je die Slalomstangen für die schäumenden Sketche dazwischen mit Komik, die das Leben zum Platzen bringt, und Impro-Witz, der auf den Putz haut. Im weiten Feld zwischen behaarten Typen (passen nicht zur Bio-Obst-Haltung) und Kreuzfahrtschiff (Altenheim-Ersatz als Drangsalier-Dorado). Höchst ansteckend, diese Launemacherin. daer