Baywa: So will der Konzern die Insolvenz verhindern
München - Manche Unternehmen sind "too big to fail": Das heißt, sie sind so systemrelevant, dass ihr Ausfall die ganze Wirtschaft erschüttern würde. So ein Konzern ist die Münchner Baywa AG – eines der zehn größten Unternehmen in Bayern und der größte Abnehmer für Getreide im Freistaat.
Dementsprechend groß ist die Sorge seit Mitte Juli, dass das Unternehmen scheitern könnte. Die Rede ist von einer "angespannten Finanzierungslage" – zu Deutsch: 5,5 Milliarden Euro Schulden.
Rettungsplan für Baywa AG: Kosten kürzen und verkaufen
Die Baywa hatte deshalb ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben, für das es nun einen ersten Entwurf gibt. Demnach könne das Aktienunternehmen "unter bestimmten Voraussetzungen saniert und mittelfristig ihre operative Wettbewerbs- und Renditefähigkeit wieder hergestellt werden."
So seien zahlreiche operative "Einsparmaßnahmen" und "Veräußerungen von einzelnen Geschäftsbereichen" über einen mehrjährigen Zeitraum notwendig. Wo genau gespart werden soll und welche Bereiche wegfallen sollen, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Auf Nachfrage der AZ teilt ein Sprecher der Baywa AG mit, dass erst voraussichtlich Ende Oktober konkretere Informationen veröffentlicht würden.
Bäuerin: "Die Baywa muss sich gesund schrumpfen"
Laut Medienberichten, die sich auf Insider-Informationen berufen, zeichnet sich jedoch bereits ab, dass die auf Erneuerbare Energien spezialisierte Baywa r.e. abgestoßen werden muss. Demnach sei die Solar- und Windsparte der größte Verlustbringer für das Unternehmen aus München. Auch Stellenkürzungen gelten als sicher, wie aus einem hausinternen Video des Vorstandschefs Marcus Pöllinger hervorgeht.
Lucia Heigl, stellvertretende Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) ergänzt im Gespräch mit der AZ: "Ich denke, dass sie auch Standorte schließen werden, um Kosten zu minimieren." Zusammengefasst heißt das: "Die BayWa muss sich gesund schrumpfen."
Die Mitteilung über den Sanierungsberichtsentwurf stimmt sie zumindest "vorsichtig optimistisch". Doch lange tappten BayWa-Kunden im Dunkeln und noch immer gebe es zu viele Fragezeichen.
Zwar ist bekannt, dass die Liquidität des Münchner Großkonzerns durch einen Überbrückungskredit von 272 Millionen Euro bis Ende September mit einer möglichen Verlängerung bis Ende Dezember gesichert ist. Aber unklar bleibt, ob die BayWa darüber hinaus seine Geschäfte fortführen kann.
"Mit dieser undurchsichtigen Kommunikation produziert die BayWa einen Vertrauensverlust", sagt Heigl. Dass es überhaupt soweit kommen konnte, schreibt sie dem Management zu. Der Fehler sei gewesen, sich so breit in verschiedenen Geschäftsfeldern aufzustellen, die nichts mehr mit dem landwirtschaftlichen Bereich zu tun haben.
Heigl sagt weiter: "Die Fantasien von Weltmarkt und Global Player um jeden Preis haben die Baywa als Konzern, uns Kunden und die Aktionäre in diese Situation gebracht."
Aktien-Experte: Die Baywa-Aktie ist ein "Zockerpapier"
Für die BayWa-Aktionäre war die Nachricht des Sanierungsberichts zumindest ein kleiner Lichtblick. Sie ist zwischenzeitlich um etwa 18 Prozent auf knapp 13 Euro geklettert. Seit Jahresbeginn hatte die Aktie um etwa 60 Prozent an Wert verloren.
Doch zu viel sollte man in diese Kurssteigerung nicht hineininterpretieren, warnt Norbert Betz, der Leiter der Handelsüberwachungsstelle der Münchner Börse, im Gespräch mit der AZ: "Es ist ein Signal an die Bauern, dass sie ihre Ernte an die Baywa geben können, ohne Angst haben zu müssen, ihr Geld nicht zu bekommen. Mehr ist es nicht."
Für Anleger ist die Baywa-Aktie hingegen laut Betz nur noch "ein Zockerpapier". Demnach liegt auch nach Bekanntgabe des Sanierungsplans ein weiter Weg vor Baywa, um ihre Aktien wieder zu stärken. "Die Börse ist wie ein Elefant. Die merkt sich, dass Baywa lange nicht geliefert hat."
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