Bayreuther Studie macht Hoffnung: Gibt's bald die Pille für Männer?

Während sich die Anti-Baby-Pille für Frauen seit Jahrzehnten etabliert hat und trotz erheblicher Risiken bereits jungen Mädchen verschrieben wird, gibt es für Männer bislang keine Möglichkeit, sich auf diese recht sichere, aber medikamentöse Weise in die Familienplanung einzubringen.
Erste Tierversuche waren bereits erfolgreich
Doch das könnte sich bald ändern: Eine neue vorklinische Studie ist wegweisend für die Entwicklung einer "Antibabypille für den Mann", berichtet die Uni Bayreuth. Es geht um "eine Tablette, die vom Mann vor dem Sexualverkehr eingenommen wird und eine Schwangerschaft der Frau verhindert".
Demnach hätten Forscher und Forscherinnen aus den USA in Tierversuchen erfolgreich einen biochemischen Mechanismus getestet, der die Spermien des männlichen Partners vorübergehend unfruchtbar macht. Einer der Co-Autoren dieser Studie ist der Bayreuther Biochemiker Clemens Steegborn.

Neues Medikament soll Spermien vorübergehend unfruchtbar machen
Er erklärt der AZ, dass die Spermien am schnellen Schwimmen, das zum Erreichen der Eizelle essenziell ist, gehindert werden. Und am Reifungsprozess, der ablaufen muss, damit sie den Befruchtungsvorgang durchführen können. Steegborn hat an der Identifizierung des entscheidenden Wirkstoffs mitgearbeitet.
Wie funktioniert das genau? Die Fruchtbarkeit der Spermien hängt wesentlich davon ab, dass das Enzym sAC aktiv ist. Die Abkürzung steht für Adenylylcyclase.
Mit dem Ziel, die biochemischen Voraussetzungen eines nicht-hormonellen Verhütungsmittels für Männer auszuloten, wurden bekannte sAC-Inhibitoren daraufhin analysiert, wie gut sie imstande sind, die Fruchtbarkeit von Spermien bei Bedarf zuverlässig zu unterdrücken.
Bisher wurden keine Nebenwirkungen registriert
Nun gab es erste vorklinische Versuchsreihen: An der medizinischen Fakultät der Cornell University im US-Bundesstaat New York wurde die Wirkungsweise von sAC-Inhibitoren an männlichen Mäusen getestet. Das Ergebnis: "Die Versuchsreihen bestätigen die starke empfängnisverhütende Wirksamkeit", so die Uni Bayreuth laut Mitteilung. Es reiche eine einzige Injektion des Inhibitors TDI-11861, um für die folgenden zweieinhalb Stunden eine empfängnisverhütende Wirkung von 100 Prozent zu erreichen, heißt es weiter.
24 Stunden nach der Injektion sei die normale Fruchtbarkeit der Spermien wiederhergestellt.
Und: Die männlichen Mäuse zeigten während der sechs Wochen, in denen ihnen sAC-Inhibitoren verabreicht wurden, keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen. "Die Gabe der sAC-Inhibitoren hat bisher zu keinerlei Nebenwirkungen geführt", berichtet Steegborn der AZ.
Aber: Zulassung liegt noch in (weiter) Ferne
Nun sollen weitere Tierversuche folgen, ehe der Inhibitor an gesunden Männern getestet wird. Die Darreichungsform soll später oral, klar, als Pille, möglich sein statt als Injektion, so der Professor. Steegborn sagt, als wirkungsvolle Verhütungsmethoden stünden Männern bis heute nur Kondome oder ein sterilisierender chirurgischer Eingriff zur Verfügung.
"Unsere neue vorklinische Studie stellt eine entscheidende Wegmarke für die Entwicklung eines hormonfreien Verhütungsmittels dar, das zudem den Vorteil hat, dass es kurzfristig bei Bedarf in Tablettenform eingenommen werden kann."
Steegborn weiter: "Wir betreten Neuland", die Zulassung des 20. Blutdrucksenkers sei freilich einfacher. Wie lange dauert es also noch, bis die Pille für den Mann auf den Markt kommen könnte? "Ganz grob geschätzt, würde ich sagen, bei absolut optimalem Verlauf mindestens acht Jahre."