Bayerns Wälder: "Hitze, Trockenheit und Käfer - eine tödliche Kombi"

AZ-Interview mit Dr. Sebastian Höllerl: Der promovierte Forstwirt war bis 2020 Leiter des Forstbetriebs Bad Königshofen. Anschließend wechselte er als Leiter des Teilbereichs Waldumbau zur Zentrale der Bayerischen Staatsforsten nach Regensburg.
AZ: Herr Höllerl, leidet der Wald auch in Bayern unter Hitze und Trockenheit?
SEBSATIAN HÖLLERL: Hitze und Trockenheit haben dem Wald zugesetzt. Er ist gestresst. Die Wetterlage begünstigt zudem Schädlinge. Im vergangenen Winter wurden die Wasservorräte im durchwurzelbaren Raum durchaus gut aufgefüllt. Durch die jetzt stattfindende Austrocknung werden zuerst die jungen Bäumchen, die Kulturen, die wir im Frühjahr gepflanzt haben, massiv betroffen. Die älteren Bäume finden in tieferen Schichten noch verfügbares Wasser. Es gibt also noch keine absolute Mangelversorgung, aber wir bemerken deutlich, dass Stress da ist.

"Kiefern und Fichten leiden besonders unter dem Borkenkäfer"
Welche Baumarten sind besonders betroffen?
An erster Stelle ist die Fichte betroffen, die unter Hitze und Trockenheit leidet und die massiv vom Borkenkäfer angegriffen wird. Derzeit beobachten wir eine deutliche Zunahme von Borkenkäferschäden. Die Kiefer ist ebenfalls deutlich betroffen. Wenn die Trockenheit weiter anhält, könnte es sein, dass auch bei der Buche und bestimmten Laubbäumen Schäden auftreten.
Wie stark ist die Betroffenheit bei den von Ihnen genannten Nadelbäumen?
Die Kombination von Hitzestress und Borkenkäfer bringt die Fichte zum Absterben. Da müssen wir massives Borkenkäfermanagement betreiben und versuchen, die Bäume möglichst schnell aus dem Wald zu bringen. Die Kombination von Hitze, Trockenheit und Käfern ist in aller Regel tödlich für die Bäume. Bei der Kiefer sehen wir Nadelverluste sowie Sekundärschädlinge – Insekten und Pilze –, die die Bäume zum Absterben bringen. Bei der Buche gibt es zunächst nur Schäden im oberen Kronenbereich, die unter Umständen ausgeheilt werden. Manchmal leiten die Bäume einen vorzeitigen Herbst ein. Die Blätter nehmen dann Herbstfärbung an und werden abgeworfen. Die Bäume können dann im nächsten Jahr wieder austreiben. Wenn die Trockenheit aber zu lange anhält und sich die hohen Temperaturen fortsetzen, sind letale Schäden zu erwarten.
Waldbrandgefahr in Bayern nicht so hoch
Könnte sich der Wald noch regenerieren, wenn es demnächst regnen würde?
Ein Baum kann eine gewisse Anzahl von Borkenkäfer abwehren, wenn er gut mit Wasser versorgt ist. Dann kann er die Käfer "ausharzen". Aber bei der gegenwärtigen Trockenheit sind die Abwehrkräfte relativ schwach. Der Borkenkäfer hingegen fühlt sich bei diesen Witterungsverhältnissen sehr wohl und vermehrt sich sehr schnell, so dass auch der Angriff auf die Bäume massiv ist. In der gegenwärtigen Situation können das die Bäume nicht abwehren.
In anderen Bundesländern gibt es bereits großflächige Waldbrände. Kann das in Bayern auch jederzeit passieren?
Die Gefahr von großflächigen Waldbränden ist in Bayern nicht so hoch, weil unsere Wälder gemischter und strukturierter sind. Brände fallen hier eher kleinflächig aus und sind besser in den Griff zu bekommen.