Bayerns Polizei stattet Transporter mit Abbiegeassistenten aus
München - Der Bruchteil einer Sekunde, der über Leben und Tod entscheiden könnte: Auf ein lautes Piepen und ein gelbes Warnlicht folgt eine Notbremsung. Mit einem deutlichen Ruck bleibt der zwölf Meter lange Polizeibus stehen. Wenig später fährt ein Radler an dem Gefangenentransportbus vorbei. Der Fahrer des Polizeibusses hat beim Rechtsabbiegen gerade noch rechtzeitig reagiert. Denn sehen konnte er den Radler nicht, der war im toten Winkel.
Die Situation war simuliert. Sie sollte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und Journalisten demonstrieren, wie die Abbiegeassistenten funktionieren. Elf Schwerlasttransporter der Bayerischen Polizei wurden jetzt mit solchen Systemen ausgerüstet. "Darüber hinaus haben wir bereits zwei vorhandene Lkw ausgestattet", so Herrmann.

Jährlich hunderte Radler bei Abbiegeunfällen in München verletzt
Die Bayerische Bereitschaftspolizei hat am Freitag drei Fahrzeuge vorgestellt — die mit verschiedenen Systemen ausgestattet sind. Der Fuhrparkverantwortliche Bernd Marderer erklärt: "Insgesamt sind 15 Systeme zugelassen." Er stellt einen Lkw vor, der mit einem Ultraschall-System ausgestattet ist. Ein Multifunktions-Transporter hat ein System, das auf Radar basiert und der Gefangenentransporter ist mit einem Kamera-System ausgestattet.
Auf Münchens Straßen werden Jahr für Jahr Hunderte Radler bei Abbiegeunfällen verletzt. Zwei Unfälle sind den Münchnern besonders im Gedächtnis geblieben. Im Frühjahr 2018 wurde die neunjährige Loreeley an der Schleißheimer Straße von einem Lastwagen überrollt. Ein Jahr später starb ein Bub (11) an der Corneliusbrücke, nachdem ein Lkw-Fahrer ihn beim Abbiegen über sehen hatte.
OB Dieter Reiter (SPD) hatte deshalb schon 2019 einen Brief an Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) verfasst, in dem er eine verpflichtende Ausstattung von Lkw mit Abbiegeassistenten forderte. Seine Rathaus-SPD forderte wenig später, Lastwagen ohne Abbiegesystem das Rechtsabbiegen in der Stadt zu verbieten.
Doch eine neue EU-Verordnung vom Januar sieht erst ab Juli 2022 für neuere Fahrzeugtypen ab 7,5 Tonnen die verpflichtende Ausrüstung mit Abbiegeassistenten vor. Ab Juli 2024 gilt für neu zugelasene Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen eine Pflicht zum Abbiegeassistenten.

Münchner Polizei prüft vollständige Nachrüstung
Nicht nur die Polizei, sondern auch die Stadt geht mit gutem Beispiel voran: München selbst besitzt rund 800 Lkw. Etwa 90 Prozent des städtischen Fuhrparks über 7,5 Tonnen sind mit Abbiegeassistenten ausgestattet. Auch alle Müllfahrzeuge des Abfallwirtschaftsbetriebs sind schon ausgerüstet.
Derzeit prüfe man auch beim Fuhrpark der Polizei eine vollständige Nachrüstung. Denn, so Marderer: Grundsätzlich sei jedes Fahrzeug für ein Assistenz-System geeignet — man müsse prüfen, für welches.
Bis dahin begrüßt der Innenminister die Novelle zur Straßenverkehrsordnung: Alle Fahrzeuge über 3,5 Tonnen dürfen innerorts nur noch in Schrittgeschwindigkeit rechts abbiegen.
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