Bayerns Landschaft wird immer mehr zugebaut
München - Nimmt man die Autobahn und fährt einige Kilometer aus der Stadt heraus – es ist eigentlich fast egal in welche Richtung – sieht man sie: Möbelhäuser, Großhandelshallen und Hotelkomplexe. Drum herum außer Straßen und gelegentlich einem Kreisverkehr: Nichts.
Solche großen freistehenden Gewerbegebiete fernab jeder Wohnbebauung ärgern den Bund Naturschutz (BN). "Lange Zeit herrschte in Deutschland ein politischer Konsens darüber, dass der Boden die wichtigste Ressource ist, die wir haben und dass man deshalb sparsam damit umgehen muss", so Hubert Weiger, Vorsitzender des BN Bayern. "Innen- vor Außenentwicklung", so Weiger, lautete der Leitsatz.
Das Problem: viele mögliche Ausnahmen im Landesentwicklungsprogramm
Diese Zeiten sind – aus Sicht des Bund Naturschutz – inzwischen längst vorbei. "Die Instrumente, die es zum Schutz des Bodens gibt, werden von der Politik Zug um Zug ausgehöhlt", sagt Weiger. Im Mittelpunkt der Vorwürfe des BN Bayern steht das bayerische Landesentwicklungsprogramm (LEP). Dessen sogenanntes Anbindegebot sieht vor, dass freie Landschaft so gut wie möglich bewahrt werden und historisch gewachsene Siedlungsstrukturen geschützt werden sollen. "Neue Baugebiete dürfen nur in Anbindung an bestehende Siedlungen ausgewiesen werden", heißt es so im LEP aus dem Jahr 2013.
Eine Absage vor allem an frei in der Landschaft stehende Gewerbegebiete. Wären da nicht die Ausnahmen: So sieht das LEP Sonderregelungen zum Beispiel für großflächige Betriebe über drei Hektar vor. Auch für Anlagen, die besonders logistik- oder emissionsintensiv sind, gelten Ausnahmen.
Bauvorhaben künftig noch leichter umsetzbar
Jetzt plant die bayerische Staatsregierung weitere Änderungen am LEP. Mit denen gelte das Anbindungsgebot dann auch nicht mehr für Tourismusvorhaben, interkommunale Gewerbegebiete und Anlagen an Ausfahrten von Autobahnen sowie vierspurigen Bundesstraßen.
"Das ist der endgültige Angriff auf das Anbindungsgebot", findet BN-Bayern-Vorstand Weiger. Er fordert ein Umdenken bei den Verantwortlichen. Denn besonders in ländlichen Gebieten könne diese Maßnahme fatale Auswirkungen haben. Nicht nur steige mit der weiteren Aufweichung des Anbindungsgebots der Flächenverbrauch, ganze Landstriche könnten so auf Dauer zersiedelt und immer stärker vom Auto abhängig werden. Aber auch in München und dem Umland tue man sich mit der raumgreifenden Flächennutzung keinen Gefallen: "Besonders dort, wo Flächen ohnehin schon knapp sind, müsste man doch besonders gut damit haushalten."
Bund Naturschutz fordert Umdenken
Davon, dass die Kehrtwende in Sachen Flächennutzung auch jetzt noch möglich ist, ist der BN Bayern überzeugt und nennt als gelungenes Beispiel Salzburg. Der dortige Landtag hatte sein Raumordnungsgesetz Ende Juni dieses Jahres angepasst – zugunsten von kompakten Siedlungsstrukturen und Anbindungsgeboten. Für die Salzburger Raumordnungsreferentin Astrid Rössler, ein notwendiger Schritt: "Jede andere Entwicklung wäre aus fachlicher und umweltpolitischer Sicht nicht länger vertretbar gewesen." Eine Meinung, der sich auch der BN Bayern voll und ganz anschließt.
Unterstützung könnte der Bund Naturschutz übrigens von den Grünen bekommen. Die wollen, wie am Freitag bekannt wurde, den Flächenverbrauch in Bayern mit Hilfe eines Volksbegehrens gesetzlich eindämmen: Pro Tag sollen nur noch 4,7 Hektar Freiflächen in Siedlungs- oder Verkehrsflächen umgewandelt werden dürfen – derzeit sind es nach Angaben der Grünen 13,1 Hektar pro Tag.
Im Jahr wird eine Fläche so groß wie der Ammersee zugebaut
Das entspreche im Jahresdurchschnitt der Fläche des Ammersees, heißt es in einem Antrag der Partei. Noch an diesem Wochenende wollen die Grünen das Volksbegehren auf den Weg bringen. Ob der BN Bayern sich diesem anschließen möchte, dazu wollte Weiger sich am Freitag noch nicht äußern.
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