Bayerns Finanzminister Albert Füracker im Interview über Söder und die Zukunft Münchens

Der neue bayerische Finanz- und Heimatminister Albert Füracker (CSU) ist ein großer Musikfreund – mit Ausnahmen. Was er über die Landtagswahl denkt, das Verhältnis zu Söder und die Zukunft Münchens, erzählt er im Interview mit der Abendzeitung. 
von  Clemens Hagen
Finanzminister Füracker im Gespräch mit AZ-Redakteur Clemens Hagen.
Finanzminister Füracker im Gespräch mit AZ-Redakteur Clemens Hagen. © Michael Tinnefeld/API

MünchenAZ-interview mit Albert Füracker. Der 50-jährige Oberpfälzer ist gelernter Landwirt und seit 21. März bayerischer Finanz- und Heimatminister.

AZ: Herr Füracker, nicht einmal mehr ein halbes Jahr bis zur bayerischen Landtagswahl – haben Sie schlaflose Nächte?
ALBERT FÜRACKER: Wir haben als neue Staatsregierung unsere neuen Projekte mit hoher Dynamik begonnen. Der Ministerpräsident hat eine sehr gute Regierungserklärung gehalten. Mir fehlt im Moment einfach die Zeit zum schlecht Schlafen.

Verständlich. Trotzdem: Nur ein unverbesserlicher Optimist dürfte derzeit an die Verteidigung der absoluten Mehrheit der CSU glauben, oder?
Die CSU ist spürbar stärker, wir haben einen positiven Trend. Das ist für mich das Entscheidende. Die neue Staatsregierung arbeitet mit Hochdruck für die Ziele Bayerns. Das honorieren die Menschen.

Wo sehen Sie noch Wählerpotenzial für Ihre Partei?
Wir konzentrieren uns schon auf die, die uns bei der Bundestagswahl das Vertrauen entzogen haben. Das sind Menschen, die aus verschiedensten Gründen ihr Kreuzchen statt der CSU bei der FDP oder der AfD gemacht haben. Deren Vertrauen war erschüttert und das wollen wir zurückgewinnen.

Was hat das Vertrauen der Wähler erschüttert?
Wir hatten im Bundestagswahlkampf bekanntlich die inhaltlichen Kontroversen mit der CDU. Das kam nicht gut an bei unseren Stammwählern. Auf der anderen Seite hat man gemerkt, wie schnell sich Stimmungen innerhalb von ein paar Wochen verändern können.

Haben die Parteien, auch die CSU, auf die falschen Themen gesetzt?
Es sind sicher einige Dinge zu kurz gekommen, zum Beispiel die Situation in der Pflege. Ein Thema, das anscheinend im Bundestagswahlkampf niemand auf dem Radar hatte. In diesem Bereich haben wir jetzt ein ganz gutes Angebot für die Menschen vorgesehen – das bayerische Pflegegeld.

Sie gelten mehr als strategischer Kopf innerhalb der Partei, weniger als polternder Bierzelt-Redner. Wie – und vor allem auch wo – werden Sie Ihren Wahlkampf führen?
Ich habe Einladungen zu Wahlkampfveranstaltungen in ganz Bayern. Da sind Bierzeltauftritte dabei, Fachgespräche, Besuche in Gemeinden. Wir sind als Finanz- und Heimatministerium thematisch sehr breit aufgestellt. Neben den klassischen Themen des Finanzministeriums wie Staatsfinanzen und Kommunalhaushalt geht es um die Digitalisierung, den Breitbandausbau und die WLAN-Strategie. Alles Dinge, die die Menschen vor Ort sehr interessieren. In meiner Heimat, im Stimmkreis Neumarkt, ist das mein dritter Landtagswahlkampf. Dort kennen mich die Menschen, denen muss ich nicht erklären, wer Albert Füracker ist, wofür er steht.

Was erzählen Sie den Menschen, wenn sie alles wissen?
Ich werde dort mit Seriosität und Ernsthaftigkeit erklären, dass es ein Segen ist, in Bayern zu leben. Und, dass CSU wählen bedeutet, Berliner Verhältnisse zu verhindern. Das ist eine entscheidende Aussage: Die Menschen wollen nicht, dass man ein halbes Jahr braucht, bis man eine neue Regierung hat.

Albert Füracker: "Ich bin kein Urlaubfahrer"

Sie kennen Markus Söder aus gemeinsamen JU-Tagen in den 90ern – sind Sie beide echte Freunde, nicht nur politische?
Freunde in dem Sinne, dass man sich politisch blind vertraut und vieles miteinander teilt. Aber nicht in dem Sinne, dass man täglich nach dem privaten Befinden des anderen fragt. Aber was die Zusammenarbeit anbelangt und die Dauer des gemeinsamen Weges, möchte ich schon sagen, dass wir eine außergewöhnliche politische Freundschaft pflegen.

Einen gemeinsamen Urlaub der Familien Füracker und Söder wird es nicht geben?
Ich bin kein Urlaubfahrer.

Was schätzen Sie an Söder, was schätzt er an Ihnen?
Was Söder an mir schätzt, müssen Sie ihn fragen. Aber er hat durch meine Berufung in diese Aufgabe gezeigt, dass er mit meiner Arbeit ganz zufrieden sein muss. Das ist schon ein besonderes Lob, wenn der Ministerpräsident sagt, du wirst mein Nachfolger als Finanz- und Heimatminister.

Was schätzen Sie an Söder?
Er hat einen Ideenreichtum, eine Tatkraft, er brennt für seine Aufgabe. Er hat eine unglaublich schnelle Auffassungsgabe. Es merken jetzt alle, dass seine Taktzahl sehr hoch ist. Bei dieser Frequenz muss man schon aufpassen, dass man immer hinterherkommt. Diese Dynamik spürt man in der Partei. Und auch bei der Bevölkerung ist die Rückmeldung: Ja, es geht voran! Dieses Gefühl zu vermitteln, das macht er brillant. Er ist eindeutig der Stärkste von uns. Das war schon früh erkennbar.

Was sagen Sie Kritikern, die behaupten, dass Sie nur in Söders Kielwasser Karriere machen konnten?
Diese These habe ich noch gar nicht gehört. Ich bin mit 18 Jahren der JU beigetreten. Seit 1990 bin ich Kommunalpolitiker. 2008 habe ich erfolgreich für den Landtag kandidiert und 2009 wurde ich Ausschussvorsitzender im Landtag. 2013 hat mich dann Horst Seehofer zum Staatssekretär berufen unter anderem mit dem Sonderauftrag, das Heimatministerium in Nürnberg mitaufzubauen. Ich gebe zu, wo ich hingesetzt werde, versuche ich, optimal zu arbeiten. Welches Kielwasser da jetzt genau schuld war, das weiß ich nicht.

Die Pläne der CSU für München

Glauben Sie, dass die jetzige Konstellation mit Seehofer als Bundesinnenminister in Berlin und Söder als Ministerpräsident in München das Optimum für die CSU darstellt?
Erst einmal hat es zur Befriedung der Partei beigetragen. Dann ist es so gewesen, dass wir in den letzten Jahren nicht immer ganz zufrieden waren, wie es in Berlin, speziell im Bundesinnenministerium, gelaufen ist. Das haben wir auch artikuliert. Jetzt ist unser Parteivorsitzender dort, hat die Fäden in der Hand und die Zusammenarbeit mit uns funktioniert bisher sehr reibungslos.

Via Länderfinanzausgleich hat Bayern 2017 fast sechs Milliarden Euro an klamme Bundesländer überwiesen. Ist Solidarität in diesem Ausmaß dem Bürger noch vermittelbar?
Der Länderfinanzausgleich wird 2020 abgeschafft, ab dann gilt eine Neuregelung über die Umsatzsteuer. Diese wird dazu führen, dass wir jährlich um ungefähr 1,3 Milliarden Euro entlastet werden. Bayern zahlt dann immer noch sehr viel Geld, was aber daran liegt, dass wir wirtschaftlich mit der größten Prosperität unterwegs sind. Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, aber dass Bayern beim Länderfinanzausgleich die Hälfte beisteuert, das ist zu viel.

Finanzminister Füracker im Gespräch mit AZ-Redakteur Clemens Hagen.
Finanzminister Füracker im Gespräch mit AZ-Redakteur Clemens Hagen. © Michael Tinnefeld/API

Die Metropolregion München ist am wichtigsten für das prosperierende Bayern. Aber München hat mit Problemen zu kämpfen: Mietirrsinn, täglicher Verkehrskollaps, schleppender Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Begeht die Hauptstadt Selbstmord durch Erfolg? Und was unternimmt die Staatsregierung dagegen?
Es ist kein Selbstmord durch Erfolg, sondern Ausdruck einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung. Diese Situation haben wir übrigens in vielen anderen Regionen Bayerns auch. Wir haben Ingolstadt, Regensburg, Augsburg, Nürnberg-Erlangen, aber auch Orte wie Deggendorf oder Dingolfing in Niederbayern. Unser Ziel ist es, dass nicht immer noch mehr Geld in München investiert wird, dass nicht noch mehr Menschen nach München ziehen. Stichwort Behördenverlagerung. So wollen wir München entschleunigen und den großen Rest des Freistaates stärken. Zudem wollen wir bis 2025 bayernweit 500.000 neue Wohnungen errichten und die Anschaffung von Bussen, Tram- und U-Bahnen finanzieren, um den ÖPNV zu stärken.

Albert Füracker privat

Weil man Sie vielleicht noch nicht ganz so gut kennt wie andere, dienstältere Minister, ein paar persönliche Fragen: Haben Sie ein Lebensmotto?
Man darf nicht nur Staub aufwirbeln, man muss auch Spuren hinterlassen.

Ihr perfekter Tag?
Ich finde gerne Ruhe. Ich liebe die Natur. Ich Freude mich, wenn ich mich aufs Fahrrad schwinge und über die Felder fahre.

Lieblingsplatz in München?
Der Odeonsplatz, hier steht das Finanzministerium, ist wunderbar. Wenn ich an der Feldherrnhalle und der Residenz vorbeilaufe, dann spüre ich den Hauch der Geschichte.

Was ist Ihr Lieblingslied?
Zuerst einmal: Ich höre viel Musik, alle Stilrichtungen, sieht man vielleicht von Death Metal ab. Ansonsten mag ich vieles, ob das Volksmusik oder Klassik ist, interessanter, moderner Pop oder härterer Rock. In der Jugend war ich großer AC/DC-Fan wie alle in der Zeit. Ich habe Neue Deutsche Welle gehört, war auf Supertramp-Konzerten und bei Metallica.

Letzte Frage: Freuen Sie sich schon auf die Fußball-WM?
Ich bin sehr fußballinteressiert. Mein Ministerpräsident versteht mich als FC-Bayern-Fan zwar nicht immer, da haben wir unsere Frotzeleien. Wobei ich mich als bayerischer Patriot auch Freude, wenn der Club aufsteigt. Und vielleicht schafft es Jahn Regensburg ja auch noch.

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